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Maria Stepanovas "Der Körper kehrt wieder"

#1 von Sirius , 13.04.2021 17:16

Maria Stepanovas "Der Körper kehrt wieder"
Hier kann man leicht abstürzen
"tot wie so viele und trotzdem lebendig": Maria Stepanova denkt die Sprache des Gedichts und die Sprache der Politik zusammen.

In ihrem Langgedicht "alfabet" macht sich die große dänische Dichterin Inger Christensen einmal Gedanken über die Lebendigkeit der Sprache. Wenn sie am Schreibtisch sitze, sei es, als würde sie von den Wörtern durchströmt, dann schreibe sie wie das klopfende Herz, wie die Geräusche der Lungen, der Muskeln des Gesichts, des Gehirns und der Nerven.
Doch wo sind die Wörter, wenn sie nicht von einer begeisterten Schreibenden zum Leben erweckt werden? Die russische Dichterin Maria Stepanova hat darauf eine durchaus nüchterne Antwort: "Sie liegen, erschossen, in Gräben voller Sterne und Traubenkirschblüten / Liegen in Sümpfen, wie Grashalme, Sprotten in Öl, // Liegen still unter Küsten, Seen und Autobahnen".
Die Passion (und zugleich die Verantwortung) der Dichterin ist es, an diese Wörter zu erinnern. Und die Wörter sind hier immer die Wörter der Literatur. So wundert es nicht, dass die "Grashalme" auch die "Leaves of Grass" Walt Whitmans sein können. Fortwährend schmiegt sich Stepanova an die Sprechweisen und Rhythmen anderer Dichterinnen und Dichter an oder zitiert sie ironisch, es mag sich um Puschkin handeln oder um Alexander Blok, um Goethe genauso wie um Ezra Pound oder Inger Christensen.

Wie schon in ihrem großen Erinnerungsbuch "Nach dem Gedächtnis", einem zwischen Erzählung und Essay changierenden Text über ihre jüdisch-russische Familie, geht es ihr darum, die Stimmen und Körper zu bewahren, jede große und kleine Zelle einzusammeln und die Toten zum Sprechen zu bringen - "tot wie so viele und trotzdem lebendig".

Weiterlesen:

https://www.sueddeutsche.de/kultur/maria...nsion-1.5244206


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Sirius
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