„Zwischen Du und Ich“ von Mirna Funk
Liebe ist ein Schlachtfeld
Mirna Funk gehört zur neuen Generation der deutsch-jüdischen Literatur. Ihr Roman „Zwischen Du und Ich“ spielt in Berlin und Tel Aviv.
JAKOB HESSING
In Mirna Funks neuem Roman treten zwei Protagonisten auf, eine Frau und ein Mann. In alternierenden Kapiteln entsteht auf diese Weise eine Handlung, die an ihren besten Stellen nicht nur überraschend ist, sondern einem auch nachgeht, wenn man das Buch beiseitelegt. Nike kommt 1983 in Ostberlin zur Welt und wird nach der Wiedervereinigung eingeschult.
Doch die DDR ist in ihrer Großmutter noch gegenwärtig, denn auch zum Zeitpunkt der Handlung, dreißig Jahre später, ist sie eine alte Kommunistin geblieben. Vor Nikes Haustür in Mitte erinnert ein Stolperstein an ihre Urgroßmutter, die im Holocaust umgebracht wurde.
Alle Elemente einer literarischen Tradition scheinen hier versammelt zu sein. Anna Seghers und Arnold Zweig, aus der Emigration zurückgekehrt, gehörten zu den Gründern einer deutsch-jüdischen Literatur in der DDR; bei Wolf Biermann und Jurek Becker, die in den Westen gehen, bricht schon die Krise aus; mit Barbara Honigmann und Chaim Noll scheiden sich dann die Generationen: Töchter und Söhne einer DDR-Elite verlassen das Land, um in Frankreich oder Israel ihr Judentum neu zu entdecken.
Bei Mirna Funk ist es noch einmal anders. Auch sie kommt aus einer Familie der alten Eliten, sie ist die Urenkelin von Stephan Hermlin, gehört aber schon zur ersten Generation in Ostberlin, die nach der Wende heranreift. Mit doppeltem Wohnsitz in Berlin und Tel Aviv lässt sie sich den alten Mustern einer deutsch-jüdischen Verhaltensweise kaum noch zuordnen. Wie Max Czollek, der zur gleichen Generation zählt und die Juden auffordert, sich zu „desintegrieren“ – die Rolle zu verweigern, die ihnen im deutschen „Erinnerungstheater“ zugedacht ist –, verhandelt auch Mirna Funk ganz andere, unerwartete Themen.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/zwisc...d/27095278.html
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