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"Der zweite Jakob"

#1 von Sirius , 29.04.2021 17:09

"Der zweite Jakob"
Hauptsache, außerhalb der Norm
Norbert Gstreins "Der zweite Jakob" ist ein fulminant konstruierter Roman, der alles dafür tut, keine endgültige Wirklichkeit zuzulassen.

"Jetzt kommen sie und holen Jakob", mit diesem Satz beginnt das literarische Werk des österreichischen Erzählers Norbert Gstrein.
Eine Handvoll Leute sitzt um einen Küchentisch in einem Tiroler Bergdorf und sinniert über den Außenseiter, den Abgesonderten, den verrückt gewordenen Skilehrer Jakob. Viele Stimmen und Gedanken, Bruchstücke, Vermutungen, üble Nachreden von unverrückbar strammen Berglern bilden ein biografisches Bedeutungsnetz, in dem sich einer verfängt. Einer heißt die Erzählung aus dem Jahr 1988, die Norbert Gstrein schlagartig bekannt machte.
Dreiunddreißig Jahre und über ein Dutzend Romane und Erzählungen später begegnen wir diesem Jakob nun wieder. Als schräger Figur im touristisch entkernten Dorf, wo er sich als geduldete Nischenexistenz, als "Hausgespenst", halbwegs eingerichtet hat. Doch Name und Sozialtypus, die Aura des Ausgeschlossenen bilden jetzt die Matrix für einen ziemlich komplexen, jedenfalls Komplexität simulierenden Künstler- und Abenteuerroman. Nur haben sich die Vorzeichen verkehrt. Jakobs Neffe, Held und Erzähler des neuen Gstrein-Romans, der sich nach seinem Bartleby-haften Verliereronkel benannt hat, ist ein erfolgreicher Filmschauspieler, der lieber ein echter Lebensverlierer wäre. Er möchte herausfallen aus allen Zuschreibungen und Projektionen und empfindet permanent Schuldgefühle, als hätte er sich von sich selbst ein falsches Bild gemacht. Kaum dass er etwas über sich selbst preisgibt, bereut er und revidiert. Auf diese Weise verkehrt er die soziale Beschädigung seines Onkels Jakob in eine Selbsterhöhung als ewig Unangepasster. Und wehe, andere suchen ihn zu bestimmen! Dann beginnt ein Ringen wie das des biblischen Jakob mit dem Engel des Herrn.

Weiterlesen:

https://www.zeit.de/2021/15/der-zweite-j...literatur-roman


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Sirius
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