"Das Meer" von Blai Bonet
Todgeweiht auf der Insel
Unter Franco verboten, nun endlich auch auf Deutsch: Blai Bonets Roman "Das Meer" erzählt von einem Sanatorium für tuberkulosekranke Jugendliche auf Mallorca.
Zu jener Zeit, als Andreu Ramallo entdeckt, dass auf seiner Brust Haare zu wachsen beginnen, wird er zum ersten Mal Zeuge eines Todeskampfes. "Ich rede von Justo Pastor, diesem klein gewachsenen, beschwerten Jungen aus Albacete mit seinem gelben Teint, den schwarzen Augen, aus deren violetter Tiefe die Ahnung, zu sterben, hervorschien." Justo Pastor ist 17 Jahre alt, als er an der Tuberkulose stirbt, Andreu Ramallo ist neunzehn, und auch sein "Rachen pfeift wie ein mit einem Messer aufgeschlitzter Fischbauch". Die beiden jungen Männer sind Todgeweihte, Bewohner eines Sanatoriums für Tuberkulosekranke im Hinterland Mallorcas. Der spanische Bürgerkrieg liegt schon ein paar Jahre zurück, doch hier geht das Sterben weiter.
Andreu Ramallo bleibt nach dem Tod seines Kameraden allein im Flur des Sanatoriums zurück und horcht, wie sich die Bahre entfernt: "Jetzt fährt er durch den Flur am Speisesaal, jetzt am Aushang mit dem Menü von morgen vorbei, hinaus, bis zur Leichenhalle, die neben den Beeten mit den Ranunkeln liegt."
Mit diesen düsteren Szenen beginnt Blai Bonets Roman "Das Meer", ein Mallorca-Roman, der sich nur bedingt als Urlaubslektüre für den Strand empfiehlt, für alle anderen Situationen dagegen sehr. Bei Bonet haben die Schwindsüchtigen nichts mehr von jener Verklärtheit, die noch die Romantik den Tuberkulosekranken andichtete: Damals galt die Schwindsucht als ästhetisches Ideal, das aus jungen Menschen irgendwie ätherische Wesen machte, fragil und elegant, mit hektischen Flecken auf den Wangen und besonders empfindsam die Welt erspürend.
In "Das Meer" hingegen wütet die Tuberkulose wie eine Bestie. Hier sterben die Männer "wie Hunde, in der Blüte ihrer Jugend". Im Roman erzählen vier Stimmen: Andreu Ramallo und Manuel Tur, moribunde Halbstarke, die zwischen den dicken Mauern des Sanatoriums ihr aufkeimendes Begehren entdecken, sowie Gabriel, der Pater der Anstalt, und eine junge Krankenschwester, die allerdings hinter den beiden anderen Protagonisten zurücktreten.
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