Enkel und Oma

„Papa, heute hatte ich wirklich einen anstrengenden Tag.“
„Ach, tatsächlich?“
„Ja, ich war nämlich mit der Oma unterwegs. Und zuerst sind wir mit einem Zug durch einen ganz langen Keller gefahren..“
„Du meinst, mit der U-Bahn.“
„Was heißt denn „U“?
„Unterwegs.“
„Aha. Wir waren unterwegs und sind an einem Bahnhof ausgestiegen, da funktionierten die Rolltreppen nicht.“
„Ach, ihr wart in Mülheim.“
„Weiß ich nicht. Jedenfalls stand oben auf dem Schild, dass Oma zwei Stationen zurückfahren soll und dann mit dem Bus, der in zwei Stunden fährt, zu der Station fahren kann, wo der Fahrstuhl funktioniert. Und dann braucht sie nur noch mit dem Taxi wieder zum Hauptbahnhof fahren.“
„Ganz bestimmt Mülheim.“
„Und warum haben da die Geschäfte statt Schaufenster Tapeten?“
„Dann ist die Ladenmiete nicht so hoch.“
„Oma hat gesagt, sie fährt lieber zum Einkaufen nach Essen, zum Weihnachtsmarkt nach Oberhausen und zum Sterben nach Duisburg.“
„Eine kluge Frau!“
„Jedenfalls gab es da eine Apotheke, einen Bäcker, ein Handyladen und ein Geschäft, in dem alles Ein Euro zehn kostete.“
„Ja, das war ganz sicher Mülheim..“
„Und Oma hat gesagt, ich darf mir was aussuchen. Da hab ich eine Kassiererin gefragt, wo denn die Wasserpistolen sind, und sie sagt „dort“. Und ich frage: Links? Und auf einmal kamen sechs Streifenwagen mit ganz vielen Polizisten, und die haben mir Handschellen angelegt.“
„Was?“
„Und die Oma wurde verhaftet, weil sie mit ihrem Schirm vier große Polizisten dienstunfähig geschlagen hat. Haben die Polizisten gesagt.“
„Und wo ist die Oma jetzt?“
„Ich glaube, im Krankenhaus in Duisburg.“
„Wieso denn in Duisburg?“
„Sie wollte doch zum Sterben sowieso dahin.“

Sirius

Gezz hör abba ma auf, Sirius! In Mülheim lässtet sich au schön sterben. Da werden die Toten wennigens nich immer vonne Friedhofsgärtner geweckt. Die kommen nämich ganich ers.

Ich bin mal mit der S-Bahn nach Mülheim und musste dort umsteigen. Ein bisschen STRANGE ist das schon da.... Zum Sterben nach Duisburg? Uff! Duisburg Rheinhausen? Mit den lodernden Stahlwerken sah das schon aus wie das Fegefeuer.

Super Text, Sirius. Die NRW-Städte lassen sich prima durch folgende norddeutsche Varianten ersetzen: Delmenhorst, Northeim, Gifhorn, Wilhelmshaven.

Wie du siehst --- der Pott ist überall!

Jörn