IMMOBILIENHAIE
Vonovia kriegt Hals nicht voll
Wohnungsmarkt: Konzernboss Rolf Buch will Mieterhöhungen an Inflationsrate koppeln. Aktivisten laufen Sturm. Linke für Vergesellschaftung
Rolf Buch kann ziemlich pampig werden. Der Vonovia-Boss forderte im Handelsblatt (Mittwoch), Mieterhöhungen künftig an die Inflationsrate zu koppeln. Steigen Lebenshaltungskosten, steigen Wohnraumkosten – im gleichen Takt. Denn: »Wir können nicht so tun, als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht«, lamentierte Buch. Das klappe nicht. Schlimmer noch: Zahlreiche Vermieter gerieten sonst »in ernsthafte Schwierigkeiten«. Seinen Konzern, Europas größten Immobilienhai mit rund 550.000 Wohnungen, dürfte er kaum gemeint haben. Fakt ist: Vonovia profitiert ungeniert, auch in der Coronakrise. Die Bochumer Firmenzentrale verbuchte 2021 einen Gewinn von fast 1,7 Milliarden Euro. Zur Freude der Anteilseigner, die 1,66 Euro je Aktie bekamen. Übrigens die höchste Dividende in der Konzerngeschichte. Die Aussichten bleiben rosig, die Chefetage erwartet für das laufende Jahr ein Plus von etwa zwei Milliarden Euro.
Reaktionen auf Buchs Vorstoß folgten prompt. »Unglaublich, große börsennotierte Konzerne wie Vonovia verlangen einen ›Inflationsausgleich‹ durch Mieterhöhungen, um die Höhe der Dividenden zu sichern«, ärgerte sich Monika Schmid-Balzert, Sprecherin der »Kampagne Mietenstopp«, am Mittwoch im jW-Gespräch. Ähnlich äußerte sich Lukas Siebenkotten: Mieter sollten nun für den eingebrochenen Vonovia-Aktienkurs und höhere Zinsen am Kapitalmarkt herhalten, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB) gleichentags zu jW.
Hinzu kommt: Preistreiber auf dem Wohnungsmarkt ist Vonovia längst. Der DMB rechnet vor: Die Miete für konzerneigene Wohnungen erhöhte die Firma im zurückliegenden Jahr durchschnittlich um 3,8 Prozent. Allein in Berlin um bis zu acht Prozent. Entgegen der Ankündigung nach der Übernahme des Konkurrenten Deutsche Wohnen Mitte 2021. Damals hieß es, Bestandsmieten höchstens um ein Prozent pro Jahr zu erhöhen. Eine freiwillige Selbstverpflichtung, »nichts als Makulatur«, so Siebenkotten. Unter dem Strich erwirtschafteten die Mieter die Ausbeute. Typisch für Vonovias Geschäftsmodell. Matthias Wulff versteht den Aufreger hingegen nicht. »Mieten steigen historisch eher nach der Teuerungsrate«, meinte der Vonovia-Pressesprecher für Ostdeutschland auf jW-Nachfrage.
Wenn das alles wäre. Rasant anziehende Energiepreise verteuern Wohnraum zusätzlich, teils horrend. Umgerechnet zwei Monatsmieten kämen in diesem Jahr obendrauf, heißt es aus Branchenkreisen. Bereits jetzt wenden zahlreiche Haushalte 30 Prozent und mehr ihres Einkommens für die Bleibe auf. Deshalb sei die soziale Antwort auf die Kostenexplosion: Mieten runter, sagte Mio Decker von der Mieter:innengewerkschaft Berlin zu jW. »Schließlich gibt es ein Recht auf Wohnen – aber keines auf Rekordprofite.«
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