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Val McDermid: 1979

#1 von scrabblix , 10.06.2022 19:03

"Ein Mord und ganz viele Speckbrötchen

In »1979« kommen zwei aufstrebende Journalisten im Glasgow der Achtzigerjahre einer Terrorzelle auf die Spur. Ein Krimi mit Retro-Flair, überaus spannend und teilweise sehr komisch erzählt.

Wenn die Gegenwart unübersichtlich und unzuverlässig ist, ist es für Schriftstellerinnen und Schriftsteller die sicherere Wahl, sich der Vergangenheit zuzuwenden. Und so ist es wenig überraschend, dass viele Kriminalromane, die während des Anfangs der Coronapandemie konzipiert und geschrieben wurden, einen Blick in den Rückspiegel warfen. Auch Val McDermid, die schottische Bestsellerautorin, wählte die Throwback-Option und untermalte diese Entscheidung mit dem Titel ihres aktuellen Romans, der schlicht »1979« heißt.

Das Buch ist der Beginn einer neuen Reihe, ihre Serienhelden, die Polizistin Karen Pirie und das Ermittlerteam Tony Hill/Carol Jordan, haben erst einmal Pause. Es ist McDermids persönlichstes und ambitioniertestes Projekt bislang. Vier weitere Romane sollen in den kommenden Jahren erscheinen, im Abstand von jeweils zehn Jahren spielen und zeigen, wie sich die Gesellschaft in diesen vier Jahrzehnten verändert hat. Im Mittelpunkt aller fünf Bücher: die Glasgower Reporterin Allie Burns, 1979 noch eine blutjunge Anfängerin, deren Ideal vom Journalismus sich aus der Lektüre von Joan Didion oder Truman Capote speist, die aber, statt zur Ikone einer britischen Spielart des New Journalism zu werden, zunächst einmal als Reporterin für abfällig »Frauengeschichten« genannte Themen bei einem Boulevardblatt landet.

Allie sei zwar kein Abbild ihrer selbst, betonte McDermid in einem Interview, aber viele der Anekdoten stammten aus ihrer Zeit als Journalistin. Das gilt vor allem für die Beschreibungen von Homophobie, Frauenfeindlichkeit und anderen Formen von Sexismus, die damals den Redaktionsalltag bestimmten. Die Redaktion ist für Allie aber nicht nur ein Ort kaum erträglicher täglicher Erniedrigungen, sondern auch ein ständiges Faszinosum: »ein Inferno aus klappernden Tasten, Zigarettenrauch und dem verzweifelten Bemühen der Redaktionsleitung noch rechtzeitig genug die Artikel auf den Tisch zu legen«.

In diesem teilweise toxischen Klima will Burns sich gegen alle Vorurteile und Anfeindungen durchsetzen, und in dem nicht offen schwul (bis 1980 stand Homosexualität in Schottland unter Strafe) lebenden Kollegen Danny Sullivan findet sie einen Verbündeten. Danny wiederum kann selbst dringend Hilfe gebrauchen, er recherchiert gerade an seinem ersten Scoop, es geht um Steuerbetrug in ganz großem Stil. Auf dem Jahr 1979 liegt in der Retrospektive bereits der Schatten des kommenden Jahrzehnts mit seinen sozialen Umwälzungen. »Gier ist gut« war nicht nur im Film »Wall Street« das Motto der Achtzigerjahre. Eine Gier, befeuert unter anderem von der neoliberalen Politik Margaret Thatchers, seit 1979 Premierministerin des Vereinigten Königreichs. Na klar, die Sozialistin McDermid hat das Jahr, in dem ihr Roman spielt, nicht zufällig gewählt..."

https://www.spiegel.de/kultur/literatur/...af-498cf6409230


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