Carla Kaspari: Freizeit
Carla Kaspari hat einen der wenigen wirklich guten Twitter-Accounts in Deutschland. Jetzt hat sie ihren ersten Roman geschrieben.
Im Elternhaus von Franziska hängt eine Uhr, auf der ein lachender Marienkäfer abgebildet ist. In Montpellier, in der Wohnung der Eltern von Cyril, stehen ausgewählte Holzmöbel auf hübsch marmoriertem Steinboden. Französische Eleganz gegen westdeutsches Vorstadtspießertum. Daran liegt es aber nicht, dass Franziska mit Cyril, ihrem so netten, sie aufrichtig liebenden Freund schließlich Schluss macht. Auf einer Party erinnert er sie an einen Hund, und sie schämt sich dafür. Die Beziehung wurde auf eine erwachsene Art beendet, findet sie. Du hast dich verändert, sagen die Blicke ihrer Freunde, vor allem der von Mina.
Etwas ist zu Ende gegangen zu Beginn von Carla Kasparis Debütroman, etwas größeres als eine Beziehung, ein unbefangener Blick auf die Dinge und auf sich selbst vielleicht, womöglich eine Jugend. Franziska ist gerade 27 geworden und denkt darüber nach, sich ein Haustier anzuschaffen.
Beruflich schreibt sie, verdiente als Werbetexterin schon mit Anfang 20 schneller Geld, als sie es ausgeben konnte. Über die Jahre, die "Freizeit" in nicht chronologischen Episoden abbildet, entwickelt sie künstlerische Ambitionen, beginnt an einem Roman mit dem Titel "Freizeit" zu arbeiten. Und weil sie so viel schreibt, an ihrem Manuskript, an der Autobiografie einer Motivationstrainerin, für die Songtexte von österreichischen Rappern und mit ihren Freunden von der Schule und aus den beiden Jahren in Paris auf Whatsapp, erlebt Franziska oft Dinge und denkt dann gleich, dass sie ein Klischee sind. Franziska findet "all ihre Gedanken alt und pessimistisch".
Es ist die Postmoderne, die ewige Uneigentlichkeit, die Franziska plagt. Ein Leben, in dem man sich oft wie etwas vorkommt, aber nie etwas ist. "Franziska denkt, dass es hier seit Jahren so aussieht, als wäre längst alles vorbei, aber es geht immer weiter." Solche aphoristischen Einzeiler gibt es oft im Roman, in ihrer feinen Ironie könnte man sie sich gut auf Twitter vorstellen. Was daran erinnert, dass die Autorin einen der wenigen wirklich guten Twitter-Accounts in Deutschland hat.
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https://www.sueddeutsche.de/kultur/carla...izeit-1.5616848
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