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Lügen in Kriegszeiten

#1 von Sirius , 21.07.2022 16:48

Lügen in Kriegszeiten

»Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit« – schon im Ersten Weltkrieg zeigte sich das Phänomen, das für uns in diesen Kriegszeiten alltäglich geworden ist und welches Arthur Ponsonby mit seinem weltbekannten Ausspruch zusammenfasste.
Ein Auszug aus der aktuellen Neuausgabe dieses Klassikers der Kriegspropaganda.
Die Ursprünge all dessen hat Ponsonby akribisch in seinem Buch „Lügen in Kriegszeiten“ aus dem Jahr 1928 untersucht, sowohl am Beispiel seines Heimatlandes Großbritannien als auch den USA, Frankreich, Italien und Deutschland. Ein aufklärerischer und friedenspolitischer Klassiker von erschreckender Aktualität, der nun in einer Neuübersetzung erscheint.
Unwahrheiten sind eine anerkannte und extrem nützliche Waffe bei der Kriegsführung und jedes Land setzt sie bewusst ein, um die eigene Bevölkerung zu täuschen, Neutrale anzuziehen und den Feind in die Irre zu führen. Die unwissenden und unschuldigen Massen in jedem Land sind sich zu der Zeit nicht bewusst, dass sie getäuscht werden, und wenn alles vorbei ist, werden die Unwahrheiten nur vereinzelt erkannt und aufgedeckt. Da alles in der Vergangenheit liegt und die Geschichten und Stellungnahmen den gewünschten Effekt bereits erzielt haben, macht sich niemand die Mühe, die Fakten zu untersuchen und die Wahrheit offenzulegen.

Wie wir alle wissen, wird nicht nur in Kriegszeiten gelogen. Der Mensch, so wurde gesagt, ist kein »wahrheitsliebendes Tier«, doch ist seine Gewohnheit zu lügen nicht annähernd so außergewöhnlich wie seine erstaunliche Bereitschaft zu glauben. Tatsächlich ist es die menschliche Leichtgläubigkeit, die Lügen aufblühen lässt. Doch in Kriegszeiten wird die maßgebliche Organisation der Lüge nicht ausreichend anerkannt. Die Täuschung ganzer Völker ist keine Angelegenheit, die auf die leichte Schulter genommen werden kann.
Daher kann im Zeitraum des sogenannten Friedens eine Warnung, die die Menschen in aller Ruhe prüfen können, nützlich sein, dass die Behörden jedes Landes zu dieser Methode greifen, sogar greifen müssen, um sich erstens selbst zu rechtfertigen, indem sie den Feind als reinen Verbrecher darstellen, und um zweitens die Leidenschaft des Volkes hinlänglich zu entfachen, um Rekruten für die Fortsetzung des Kampfes zu gewinnen. Sie können es sich nicht leisten, die Wahrheit zu sagen. In manchen Fällen muss sogar zugegeben werden, dass sie zu dem Zeitpunkt nicht einmal wissen, was die Wahrheit ist.

Der psychologische Faktor im Krieg ist genauso wichtig wie der militärische Faktor. Die Moral der Zivilisten muss, genau wie die der Soldaten, aufrechterhalten werden. Die Kriegsämter, Marine- und Luftfahrtministerien kümmern sich um die militärische Seite. Für die psychologische Seite müssen Abteilungen gebildet werden. Die Menschen dürfen unter keinen Umständen ihren Mut verlieren; daher müssen Siege überhöht und Niederlagen, falls nicht vertuscht, um jeden Preis heruntergespielt werden, und Empörung, Entsetzen und Hass müssen durch »Propaganda« gewissenhaft und fortlaufend in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht werden.
Die unbestreitbare Bosheit des Feindes
Der Einsatz der Waffe der Unwahrheiten ist in einem Land, in dem die Wehrpflicht nicht im Gesetz verankert ist, notwendiger als in Ländern, in denen alle Männer der Nation automatisch in die Armee, die Marine oder die Luftwaffe eingezogen werden. Die Öffentlichkeit kann durch trügerische Scheinideale emotional aufgewühlt werden. Eine Art kollektive Hysterie verbreitet und steigert sich, bis sie schließlich die Überhand über nüchterne Menschen und seriöse Zeitungen gewinnt.

Mit einer Warnung vor Augen ist die Allgemeinheit vielleicht eher auf der Hut, wenn die Kriegswolke das nächste Mal am Horizont erscheint, und weniger geneigt, die Gerüchte, Erklärungen und Behauptungen, die für ihren Konsum verbreitet werden, als Wahrheit zu akzeptieren. Sie sollte sich bewusst machen, dass eine Regierung, die sich dazu entschieden hat, sich auf die gefährliche und schreckliche Unternehmung des Krieges einzulassen, von vornherein eine einseitige Argumentation zur Rechtfertigung ihres Handelns vorlegen muss und es sich nicht leisten kann, dem Volk, gegen das sie zu kämpfen beschlossen hat, in irgendeinem Punkt auch nur das geringste Maß an Recht oder Vernunft zuzugestehen. Tatsachen müssen verdreht, wichtige Sachverhalte verheimlicht und ein Bild muss präsentiert werden, das die unwissenden Menschen durch seine grobe Färbung davon überzeugt, dass ihre Regierung schuldlos, ihre Gründe rechtmäßig und die unbestreitbare Bosheit des Feindes zweifellos bewiesen ist.

Weiterlesen:

https://overton-magazin.de/buchempfehlun...n-kriegszeiten/


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Sirius
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