Nora Gomringer
Gebt der Lyrik
ihre Bank,
einen Grabstein,
eine Anzeige,
eine Ohrfeige,
eine Schulter,
einen Bruder,
zwei Schwestern,
Musen und Riesen,
Priester,
Puffmütter,
und Konfetti.
Gebt der Lyrik
Gutwetter,
Gutmenschen,
Kyniker,
Jongleure,
Bändiger und Dompteure,
Sonnenanbeter,
Homunculi,
Vagabunden,
und Kerzenschein.
Gebt ihr
ein Meter- und Augenmaß,
keinen Zolllstock,
eine Spindel,
einen Spaten,
eine gute Hand voll Licht,
ein Tintenfass‘,
einen Laserdrucker,
zwei, drei Packen Papier,
mehrere Stunden beim Masseur.
Gebt ihr
Dichter, die sie kennen
wie eine alte Geliebte,
deren Küsse noch brennen
und die keiner besitzen soll.
Gebt ihr Backförmchen
für Sand und Teig
und gebt sie in Öfen,
die sie wachsen lassen.
Gebt der Lyrik
ihren Platz
auf der Agenda,
auf der Veranda,
beim Diplomaten,
beim Diplomanden!
Gebt dem Papst
immer Kopien
und dem Kritiker
nur Originale!
Gebt ihr Zuhörer
und Hinseher,
den Goreman-Effekt,
eine Klage-
und eine Schallmauer,
gebt ihr die Trommel,
den Tanz und die Flöte.
Gebt ihr ein Sprungbrett,
drei goldene Taler
und einen Namen für den sich
am Ende einer zerreißt.
Gebt ihr dies alles
und gebt ihr das Blut,
gebt ihr die Impfung,
den Atem, die Glut.
Gebt ihr den Frieden,
die offenen Kanäle,
das Archeneckchen,
das Pathos, die Pasteten,
die erdzugewandte Seite der Herzen.
Gebt ihr Debütanten,
Mutanten, Gärtner und
Häcker,
freundliche Fährleut‘,
Verlierer, Verleger,
Gestalter, Verwalter,
und Eier,
Euer Zutrauen und
Eure Zutaten, alle!
Reset the World!
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