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Die Lyrik ist schon viel weiter

#1 von Sirius , 19.08.2022 16:04

Die Lyrik ist schon viel weiter

Viel schneller als die Politik: Inmitten neuer Fluchtbewegungen erprobt Gegenwartsdichtung seit Jahren unverdrossen einen postnationalen und kosmopolitischen Blick auf die Welt.
Dichtung beginnt dort, / wo dein Wortschatz endet“, schreibt der ukrainische Autor Serhij Zhadan, dem vor Kurzem der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels zugesprochen wurde. Obwohl diese Verse bereits 2020 in der Erstauflage seines Bandes „Antenne“ zu lesen sind, könnten sie aktueller nicht sein. Es ist die Rede von einer Poesie, die über Grenzen hinausgeht, nach einer Form für das sucht, was noch nicht erschlossen oder verloren gegangen ist. Ihre Stimme gibt sie daher all den Entwurzelten, all den Landsfrauen und -männern des Schriftstellers, die beispielsweise in Deutschland Zuflucht vor dem Krieg gefunden haben. Was sie, die ihre geografische und sprachliche Heimat verloren haben, fühlen, lässt sich nur erahnen.

Eine Annäherung an ihr wie ebenso das Schicksal all jener Migrantinnen und Migranten, die im Schatten von Putins Krieg noch immer über das Mittelmeer nach Europa aufbrechen, stellt indessen die Poesie her. Entgegen aller politischen Beschränkungen hält sie sich nicht an künstliche Barrieren nationalstaatlicher oder kultureller Natur. Sie birgt einen unendlichen Möglichkeitsraum. So zu beobachten etwa in Dagmara Kraus’ Text „deutschyzno moja“. Die Geflüchteten mit ihrem eigenen Wortschatz stellen für sie eine Bereicherung für das eigene Schaffen, einen Quell für die Poetisierung der Welt dar: „millionen flüchtige wörter stehen an / der grenze zu diesem gedicht“, das wie ein Mensch seinen Umgang mit dem Unbekannten erst noch finden muss. Was als Land früher vermeintlich (!) einstimmig war, wird nun mehrstimmig, sodass Verse wie „rece blagaja, bebeten die grenzen / deine deutschyzno moja“ zustande kommen.

Die Zone zwischen dem Eigenen und dem Anderen schwindet – vor allem in so virtuosen Sprachspielen, wie sie Barbara Köhler in ihrer noch zu Lebzeiten erschienenen Miniatur „FREMDENVERKEHR“ vorführt: „die verkehrung von fremden zu freunden, deren / falsifizierung: valse vrienden, false friends / weil handschriftliches lettering etwas undeut / lich zwischen fremd und freund sein kann bloß / so eine halbe kehre vom m zum un und unzuläng / lich wie menschen ja umgehn mit andern und un / terschieden die sie bewegen“.

Weiterlesen:

https://www.fr.de/kultur/literatur/die-l...r-91732784.html


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Sirius
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