April
Nach der Sonne goldner Stirne
greifen graue Wolkenhände.
Ist der Sommer schon zu Ende?
Kaum erblüht sind Kirsch und Birne?
Will nicht länger auf ihn warten.
Herbstmüd träufelt dünner Regen,
und die Tulpen an den Wegen
weinen mit dem ganzen Garten.
Kurt Dieman-Dichtl
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Frühlingsnacht
Übern Garten durch die Lüfte
Hört ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängts schon an zu blühn.
Jauchzen möcht ich, möchte weinen,
Ist mirs doch, als könnts nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz hinein.
Und der Mond, die Sterne sagens,
und in Träumen rauschts der Hain,
Und die Nachtigallen schlagens:
Sie ist deine, sie ist dein!
Joseph von Eichendorff
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Mai
Die Kinder schreien »Vivat hoch!«
In die blaue Luft hinein;
Den Frühling setzen sie auf den Thron,
Der soll ihr König sein.
Die Kinder haben die Veilchen gepflückt,
All, all, die da blühten am Mühlengraben.
Der Lenz ist da; sie wollen ihn fest
In ihren kleinen Fäusten haben.
Theodor Storm
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Ein seltsamer Frühling war es bislang, beherrscht von Ver- und Geboten. Doch im Gegensatz zu unsereins, hat die Natur diese Wochen genossen. So haben sich die Vögel den Luftraum zurückerobert. Sechs Greifvögel kreisen über unserem Dreistädteeck, ein junger Rabe hat sich gegenüber in den Birken einen Stammplatz reserviert, ein Eichelhäherpärchen hat die Kirsche vor meiner Terrasse als Futterquelle auserkoren, Schwalben lassen sich in immer höhere Höhen tragen und Blaumeisen brüten erstmals in dem blauen Vögelhäuschen im Garten nebenan.
Der Juni, der sich nie entscheiden kann, ob er Frühling oder Sommer ist, wird uns hoffentlich ein etwas normaleres Leben gestatten. Ich zumindest wünsche euch, dass ihr den Rest des Frühlings und den Beginn des Sommers genießen könnt und es euch gegeben ist, das Beste draus zu machen.
Mittsommer
Der Tag legt sich in Morpheus Arme,
er ist erschöpft und schläft sogleich.
Vertrauend, dass sich Nacht erbarme,
entschwindet er in Hypnos Reich.
Doch kaum, dass Nacht ihr schwarzes Laken
über die müde Erde zieht,
beginnt ein infernalisch Quaken,
dass Nacht alsbald erschrocken flieht.
Todmüde reibt sich Tag die Augen.
Es ruht der Mensch. Ein Vogel singt. —
"Zum Freund will mir die Nacht nicht taugen,
die mich um meine Träume bringt."
scrabblix
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Den Tagträumer hast du wunderbar getroffen, Lotte. Und der idyllische Frühling, der Sommer und alles andere wird nur dadurch getrübt, dass alles endlich ist. Du kannst gute Geschichten schreiben, weil du die Dinge beschreiben kannst.
Und mit den Gedichten klappt es ebenso gut. Hat mir wunderbar gefallen!
Sirius
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Wie es mich freut, dass ihr meinen Zeilen eure Aufmerksamkeit geschenkt habt, Jungs!
Lieben Dank, Sirius!
Lieben Dank, Ralfchen! (Teilst du das Schicksal von Benjamin Button?)
Liebe Lottegrüße
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Vorfrühling
Es sind schon wieder Mädchen in dem Park.
Hellblauer Himmel streicht gleich einer Hand
Über dein Angesicht. Die Luft hat Mark.
Nachmittag ist im schon beschenkten Land.
Die Vögel machen flatternden Radau.
Der Ärger, vormittags, war er so arg?
Du fühlst die Luft nahrhaft und schwingend stark –
Zuweilen nur ist sie ein bisschen rau.
Was man nicht konnt’ den ganzen Winter lang:
Im Freien sitzen, viel, auf einer Bank,
Das kann man wieder, o der Luft sei Dank.
Man kann die ganze Stadt hier übersehn.
Links ist der Sonne Abenduntergehn,
Rechts kühne Wolken, die nach Westen wehn.
Ernst Blass
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Den Frühlingsanfang hat er noch verschlafen, doch heute zeigte er sich von seiner besten Seite und mir wurde zugetragen, dass er nächste Woche zeigen wird, was er drauf hat. Dass uns nach dem ersten Corona-Frühling ein weiterer blühen wird, trübt die Freude über seine Ankunft zwar ein wenig, doch wen sollten wir sonst begeistert empfangen, wenn nicht ihn? Also, her mit euren Gedichten!
Ostern
Wenn die Schokolade keimt,
Wenn nach langem Druck bei Dichterlingen
»Glockenklingen« sich auf »Lenzesschwingen«
Endlich reimt
Und der Osterhase hinten auch schon preßt,
Dann kommt bald das Osterfest.
Und wenn wirklich dann mit Glockenklingen
Ostern naht auf Lenzesschwingen, - - -
Dann mit jenen Dichterlingen
Und mit deren jugendlichen Bräuten
Draußen schwelgen mit berauschten Händen - - -
Ach, das denk ich mir entsetzlich,
Außerdem – unter Umständen –
Ungesetzlich.
Aber morgens auf dem Frühstückstische
Fünf, sechs, sieben flaumweich gelbe, frische
Eier. Und dann ganz hineingekniet!
Ha! Da spürt man, wie die Frühlingswärme
Durch geheime Gänge und Gedärme
In die Zukunft zieht
Und wie dankbar wir für solchen Segen
Sein müssen.
Ach, ich könnte alle Hennen küssen,
Die so langgezogene Kugeln legen.
Joachim Ringelnatz
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Langsam Frühling
Der Frost hängt schwer mir noch im Bauch,
im Nacken knistert noch das Laub,
die Hände sind mir wieder taub
und meine Füße frieren auch.
Im Kopf, da stürmt noch immer Schnee,
die Augen schauen nicht mehr forsch,
die müden Knochen plötzlich morsch
und immer tut das Herz mir weh.
Da schaut ein Frühlingstag vorbei,
ein Lärmen, Lachen ringsumher.
Und alles, was bisher so schwer,
das Leben und die Liebelei,
fällt mir aus allen Jackentaschen.
Die Sonne wärmt mir das Gemüt,
ich warte auf den Wind aus Süd
und will noch etwas Leben naschen.
Sirius
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Herrlich, wie der Frühling dich zum Leben erweckt hat, Sirius!
Endlich auch von dir ein Frühlingsgedicht für die Box. :-))
Liebe Lottegrüße
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Etwas LEBEN NASCHEN --- genau darum geht's! Das ist ein ganz feines, unaufgeregtes Frühlingsgedicht, Sirius.
Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
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Ein harmloses Gedicht - nicht der Rede wert. Ich bin froh, irgendwas mal wieder geschrieben zu haben.
Ich bedanke mich sehr bei euch beiden!
Sirius
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Frohe Ostern allen Tachelesern! Macht euch ein paar schöne Tage!
Wer immer schon wissen wollte, was es mit Ostern auf sich hat, lasse es sich von Helga und Marianne erklären:
https://www.youtube.com/watch?v=1PSJcG_er50
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An den nicht vorhandenen Beiträgen ist es leicht zu erkennen, ein Frühling findet dieses Jahr nicht statt. Der Mai ahmt den April nach und schert sich nicht die Bohne um Frühlingsgefühle.
Hühner im Regen
Die Hühner sitzen im Regen
in einer Reihe am Zaun.
Das Gackern ist ihnen vergangen.
Sie lassen die Flügel hangen.
Mit größter Besorgnis und Bangen.
wie Pessimisten schaun
die Hühner der Zukunft entgegen.
Die Enten im Hofe hingegen
sind lustig, trotz Regen und Wind.
Sie watschen durch Tümpel und schnattern.
Im Schlamm sie die Würmer ergattern
und kennen kein Zittern und Zattern.
Die lustigen Enten sind
die Optimisten im Regen.
Fred Endrikat
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