Leona Stahlmann: Diese ganzen belanglosen Wunder
Leona Stahlmann erzählt in „Diese ganzen belanglosen Wunder“ vom fortschreitenden Untergang der uns bekannten Welt.
So schnell geht die Welt nicht unter, auch wenn er fortschreitet, der Untergang. In Leona Stahlmanns Roman „Diese ganzen belanglosen Wunder“ steht Venedig bereits zu weiten Teilen unter Wasser. „Den Städtern verbrennen die Reiseziele“ für die Sommerferien. Und seit Zenos achtem Geburtstag gibt es keine Wale mehr. Jetzt ist Zeno zwölf.
Es ist noch nicht so weit, aber es ist weiter als heute, und – das ist erschütternd – die Rettungsversuche scheinen weitgehend eingestellt worden zu sein. Eine Frau namens Katt erklärt: „Jeder ging auf seine Weise mit der planetaren Endlichkeit um. Es gab die unaufdringlich Resignierten wie mich. Es gab die Befreiten wie Stine. Die Verzweifelten hatten sich weiterentwickelt: Wer sich vor zehn, zwanzig Jahren noch die Kugel gegeben hätte, trug heute T-Shirts mit der Aufschrift ,Apokalypse ist ein produktiver Zustand‘, man könnte sagen, sie hatten dazugelernt; das, oder sie hatten endgültig aufgegeben.“
Obwohl es auch heißt, alle Witze seien erzählt und man fange wieder mit dem Glauben an, ist für das eine oder andere Späßchen also doch noch Platz. Das ist ein gewitztes, fantasievolles Buch einer dem Leben und Vergehen des Lebens gegenüber aufmerksamen Autorin. Trotzdem geschieht offenbar nicht mehr viel in dieser Zeit, die von der jetzigen bloß ein paar Jahre entfernt sein dürfte. „Wir hatten uns an den Rändern der Katastrophe gut eingerichtet“, berichtet Katt: „Wir wussten, dass es uns nicht zuerst erwischen würde. Wir wussten, dass wir das Zusehen aushalten mussten.“
Die Leute haben aber fantastische Zähne. Zahnseide ist ein Dauerthema, und Mundhygiene gehört zu den letzten Obsessionen der Menschheit. Eine andere sind partnerschaftliche Kontakte und Sexpraktiken, für die man sich nicht mehr nahe kommen muss. Eine weitere sind Filme, in denen nur noch Möbel zu sehen sind. Der Regisseur Roy Perlmann ist damit berühmt geworden. Perlmann im Interview: „Ein Sofa will keine Gage, es ist immer pünktlich, es leiht sich nicht meine Zahnseide aus und gibt sie nie zurück.“
Leona Stahlmann: Diese ganzen belanglosen Wunder. Roman. dtv. 389 S., 22 Euro.
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https://www.fr.de/kultur/literatur/leona...n-91984503.html
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