Dieses Weltreich spottet jeder Ironie
Ein euphorisches Gespenst geht um in der westlichen Wertegemeinschaft, das Gespenst des neuen Weltreiches unserer christlich-abendländischen Zivilisation. Mit Jahrhunderte bewährten Legitimationsmethoden unserer vergangenen Kaiserlich-Königlichen Herrschaftsgebilde und der demokratischen Kolonialmächte, ist es nun gelungen, die mächtigen Demokratien des Westens als westliche Wertegemeinschaft zu vereinen und unsere fast in Vergessenheit geratene Verpflichtung zu beleben, als ein außerordentlich begabter Menschenschlag einer außerordentlichen Zivilisation, die Menschheit mit unseren freiheitlichen Werten in eine regelbasierte Weltordnung zu führen. Von Pentti Turpeinen
In der Schnelligkeit, wie diese sinnsuchende Zielsetzung der noch jungen westlichen Wertegemeinschaft bei ihren demokratischen Machtgestaltern und den Bevölkerungen eine enthusiastische Akzeptanz fand, zeigt sich, wie tief wir unsere Außerordentlichkeit verinnerlicht haben: Endlich wieder zu Höherem berufen, wertebasiert das Böse aus der Welt jagen, sich als würdiger Mitgestalter unseres glorreichen Zivilisationsprozesses bewähren!
Bei der heutigen Weltreichbildung wird nicht nur ein unbekümmerter Rückfall in die vergangenen Zeiten der abendländischen Selbstverherrlichung offenbar, sondern auch die traditionelle Verleugnung der selbsterzeugten Katastrophen; und das sollte uns zutiefst beunruhigen.
Dass eine selbstkritisch schonungslose Analyse über die systemimmanenten Fehlentwicklungen und Schandtaten uns Jahrhunderte lang bis heute intellektuell und moralisch überfordert und aufklärende Dichter und Denker, Wissenschaftler und Philosophen, unsere abendländisch gehobene Erhabenheit unter den Weltkulturen als eine quasi Weltkulturerbe zu bestätigen wussten, beweist die Effektivität der Legitimationsmethoden unseres Zivilisationsprozesses. In dieser Tradition wird die gegenwärtig tosende „Werte Weste(r)n Gesinnung“ als eine lang ersehnte Selbstverständlichkeit begrüßt, begeistert verbreitet und mit Zuversicht in die Tat umgesetzt.
Obwohl nicht gebührend gewürdigt, baut sich unser Zivilisationsprozess nach wie vor auf eine vielversprechende Idee unserer Vorfahren aus der Vorzeit der Stammeskulturen. Sie hatten entdeckt, dass es möglich ist, einen räumlich und zeitlich ausgedehnten Machtbereich zu konstruieren und diesen dann als namenloser Machthaber, später als Pharaonen, Kaiser, Könige und als Führer der nationalistisch kolonialistischen Demokratien, mit wundervollen Erzählungen, genialen Kunstwerken und Erfindungen und geistig-körperlicher Züchtigung, den Mitmenschen als ihr aller Werk zu vermitteln. Mit phantasievollen Legitimationsmethoden wurden die Bevölkerungen zu freiwillig agierenden stolzen Untertanen des gemeinsamen Herrschaftsgebietes erzogen. Das natürliche Bedürfnis, einer Gemeinschaft anzugehören, fand eine kultivierte Form als das, was wir heute Nationalbewusstsein nennen. Dabei hat natürlich das Gebot: Du sollst keine andere Meinung neben der meinen haben! sehr geholfen.
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