Lionel Shriver; Die Letzten werden die Ersten sein
Das aktuelle Buch von Lionel Shriver ist ein eleganter, manchmal schmerzhafter Roman über eine Ehe, die ins Schlingern gerät, und über das Altern, dem wir alle nicht entkommen können.
Serenata und Remington sind über 60 und seit vielen Jahren ein Paar. Die Kinder sind aus dem Haus, das Leben ist ruhiger geworden. Aber dann bringt Remington seine Frau mit einem einzigen Satz aus dem Gleichgewicht:
"Ich habe beschlossen einen Marathon zu laufen." In einer zweitklassigen Sitcom hätte sie Kaffee über ihr Frühstück gespuckt. Aber Serenata war ein zurückhaltender Mensch und gerade zwischen zwei Schlucken. "Was?" Ihr Ton war ein wenig spitzbübisch, aber höflich.
Remington ist zu diesem Zeitpunkt nicht gerade in der Form seines Lebens, sein Verhältnis zu Sport war immer eher theoretischer Natur. Seine Frau dagegen war über alle Maßen sportlich. Bis ihre arthritischen Knie sie zum Aufhören zwangen. Und nun fragt sie sich, warum Remington ausgerechnet jetzt, wo sie selbst nicht mehr kann, zu laufen beginnen will. Und er wittert schlicht Missgunst bei ihr:
Ihre unterschiedlichen Ansichten zu diesem großartigen Projekt schufen eine Kluft zwischen ihnen, die in ihrem Alter eigentlich nicht hätte entstehen dürfen. (...) Nach langer glücklicher Ehe in tendenziell unterbewerteter Behaglichkeit hatte sie vergessen, wie es war, nicht zu wissen, was in seinem Kopf vorging, und von einer gewissen Angst verfolgt zu werden, dass es ihr nicht gefallen würde, wenn sie es jemals erführe.
Remington zieht den Marathon tatsächlich durch, Serenata hofft, dass nun alles wieder wie früher wird. Da hat sie allerdings nicht mit Bambi gerechnet, einer Personal Trainerin, die Remington zu etwas viel Gewaltigerem aufstachelt: einem Triathlon.
Auch wenn es so klingen mag, Lionel Shriver hat natürlich keinen Roman über außer Rand und Band geratene Freizeitsportler geschrieben. Sport ist nur das Vehikel, um darüber zu erzählen, wie sich die Statik dieser Ehe verändert. Und die ist bereits seit einiger Zeit instabil, denn Remington hat seinen Job verloren, weil er sich seiner jungen, schwarzen Chefin widersetzt hatte, die in Remingtons Augen unterqualifiziert und überfordert war.
Bei der ziemlich plakativ beschriebenen Kündigungsgeschichte bleibt Lionel Shriver leider an der Oberfläche und sie kann weder inhaltlich noch literarisch Funken daraus schlagen. Davon abgesehen erzählt sie aber eine sehr pointierte Geschichte in einem schönen bösen Ton und lustige, manchmal gemeine Szenen:
Weiterlesen:
https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Die...shriver106.html
Reset the World!
Beiträge: | 27.291 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Ein eigenes Forum erstellen |