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Uwe Tellkamp: "Der Schlaf in den Uhren"

#1 von Sirius , 06.03.2023 16:47

Uwe Tellkamp: "Der Schlaf in den Uhren"

Nach zehn Jahren Wartezeit legt Uwe Tellkamp die Fortsetzung seines "Turm"-Projekts vor, die als unübersichtliche Mediensatire und Gesellschafts-Dystopie daherkommt. Die Lektüre ist oft qualvoll. 
So viel vorab: Anstrengend, oft qualvoll ist die Lektüre des neuen Tellkamp-Romans. Es ist, als wolle der Autor seiner Leserschaft von vornherein klar machen: Euch soll es beim Lesen um keinen Deut besser ergehen als mir beim Schreiben. Die Fortschreibung seines "Turm"-Projekts mit den Familien Hoffmann und Rohde wird durchmischt mit einer unübersichtlichen Mediensatire und einer Gesellschafts-Dystopie, bei der die Rückkehr des Stasi-Staates nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit verlegt wird.

Die Erzählzeiten changieren zwischen 1989 und 2015. Diesmal ist nicht Christian Hoffmann der Protagonist, sondern sein Cousin Fabian. Handlungsort ist Treva, ein hanseatischer Stadtstaat und ein kafkaeskes Bürokraten-Gebilde. Fabian Hoffmann arbeitet für die "Tausendundeinenachtabteilung" an einer Chronik zum 25-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung. Die Trevische Nachrichtenagentur kontrolliert sämtliche Medien: Zeitungen, Rundfunk und Internet.
Ein Irrtum, meine Damen und Herren, wenn Sie glauben, daß auf den Flügeln der Nachricht auch schon die Wahrheit sitzt. Nachrichten können lügen, das ist trivial und nicht das, was ich meine. In diesem Flugzeug, das wir Nachricht nennen, sitzen ein paar hundert Passagiere, und nur manche von ihnen arbeiten für die Wahrheit, die anderen sind Touristen, die vom Urlaub träumen, Lobbyisten, die für die Firma unterwegs sind, die das Flugzeug baut, in dem sie sitzen, Geschäftsleute, die gar nicht mit Wahrheit, sondern mit Obst, Feuerwerkskörpern und Öl handeln, hauptsächlich aber mit Waffen und Kosmetik. 

Die "Wahrheit", so heißt auch eine Wochenzeitung. Eine andere heißt TRAZ. Tellkamp spielt, wie schon im "Turm", gern mit Anspielungen, die mal witzig, oft aber auch einfach platt sind. Gut, dass die Rückblenden auf die turbulente Zeit rund um den Mauerfall den größeren Raum des Romans einnehmen. Was damals auf den Straßen bei den Demonstrationen, bei den Versammlungen der Bürgerrechtlerinnen und der Schriftstellerkreise geschehen ist, schildert Tellkamp in filmreifen Sequenzen. Welch poetische Kraft in seiner Sprache steckt, schimmert immer wieder durch.  

Weiterlesen:

https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Uwe...ellkamp130.html


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Sirius
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