Letzte Meldung
X

An alle neu registrierten Benutzer!

Wir achten hier auf den Datenschutz. Insbesondere auf die Privatsphäre unserer Mitglieder. Wer sich nur anmeldet, um am "Küchentisch" mitzulesen oder nur Mitgliederlisten einsehen will, wer nur Spam posten möchte und nicht auf meine PNs reagiert, den lösche ich wieder.

J. M. Coetzee: Der Pole

#1 von Sirius , 22.06.2023 17:13

J. M. Coetzee: Der Pole

In J. M. Coetzees Roman "Der Pole" spielt die Sprache eine besondere Rolle. Der Literaturnobelpreisträger beschreibt darin ein Liebespaar, dem es schwer fällt, seine Gefühle in Worte zu fassen.
von Jan Ehlert

So hat sie die Musik von Chopin noch nie gehört. Ganz anders als die sehnsuchtsvollen, träumerischen Interpretationen, die Beatriz gewohnt ist, die sie liebt, klingt dieser Chopin des angereisten polnischen Pianisten hart und rhythmisch - und damit angeblich authentisch. Aber auch enttäuschend - zumindest für Beatriz.

Ihr Chopin hat die Macht, sie aus Barcelona in den Salon eines großen alten Landhauses in den fernen polnischen Ebenen zu versetzen, wenn ein langer Sommertag sich seinem Ende zuneigt, eine leichte Brise die Vorhänge bewegt und der Duft von Rosen hereinschwebt. An einen anderen Ort versetzt zu werden, vor Gefühlsüberschwang außer sich zu geraten - höchstwahrscheinlich eine antiquierte Vorstellung davon, was Musik bei den Hörern bewirkt, antiquiert und vielleicht auch sentimental. Aber danach sehnt sie sich an diesem speziellen Abend, und das liefert der Pole nicht.
Und auch sonst ist Witold, der Landsmann Chopins, für Beatriz eine Enttäuschung: Die Frisur eines Maestros, lange graue Haare, aber auch ein langes, trauriges Gesicht. Nach einem gemeinsamen Abendessen - für sie als Veranstalterin des Konzerts eine eher lästige Pflicht - verabschieden sie sich. Und das könnte das Ende der Geschichte sein. Doch nach einiger Zeit meldet sich der Pianist erneut bei ihr.
"Werte Dame", sagt der Pole, "Sie erinnern sich doch an Dante Alighieri, den Dichter? Seine Beatrice schenkte ihm nie ein Wort, und er liebte sie sein Leben lang. […] Sie schenken mir Frieden. Sie sind mein Symbol des Friedens."

Ein schönes, ein anmaßendes Kompliment - doch kann man heute noch so lieben und leben wie Dante? Anspielungen auf das Werk des italienischen Dichters, der im 13. Jahrhundert lebte, finden sich immer wieder in den Büchern von J. M. Coetzee. Zumeist ist es das berühmte Inferno, die Höllenreise, auf die er seine Figuren schickt, etwa in "Eiserne Zeit" oder in seinem bekanntesten Roman "Schande". Hier ist es das kleinere Werk "Vita Nova", das als Vorbild dient. Dantes Minnesang auf die ewige, aber auch ewig unerreichbare Geliebte. Auf die Liebe, die ihm das Vita Nova, das Neue Leben schenkte. Nur dass diese Version aus der Sicht der Angebeteten erzählt wird, Beatriz - und die ist wenig begeistert.

Weiterlesen:

https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/J-M...coetzee100.html


Reset the World!

 
Sirius
Beiträge: 27.113
Registriert am: 02.11.2015


   

Lidia Ravera: Sprich mit mir
David Schalko: Was der Tag bringt

  • Ähnliche Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
Xobor Ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz