SOLCHE Leute wie du ...: Wie ich als Armutsbetroffene angefeindet werde
#IchbinArmutsbetroffen Armutsbetroffene sollen leise leiden und dankbar sein über jede milde Gabe? Unsere Autorin erklärt, warum sie eigene Entscheidungen treffen und für sich selbst sprechen kann. Leider muss sie sich dafür manche Beschimpfung anhören
Seitdem ich Armutsaktivistin bin und dank des Freitag hier eine Stimme als Betroffene habe, werde ich sehr stark mit Klassismus konfrontiert. „SOLCHE Leute wie ich sollten nicht für eine Zeitung schreiben“, diese Nachrichten erhalte ich leider oft. Was bedeutet das? Dass ich unfähig, ungebildet oder so wenig wert bin, dass ich keine Stimme haben kann?
Durch meinen Austausch auf Twitter bekomme ich von vielen Armutsbetroffenen zu hören, wie sehr sie angefeindet werden. Es ist, als wäre der Hauptwunsch derer, die gegen uns die Stimme erheben, dass wir einfach verschwinden sollen. Oder zumindest dankbar und still mit billigen Lebensmitteln in unsere Wohnung vor uns her leben.
Es wird erwartet, dass Armutsbetroffene unterwürfig „milde Gaben“ annehmen, was darauf hinauslaufen kann, dass man ungefragt den Sperrmüll seiner Nachbarn bekommt, denn: weil man ja arm sei, könne man das sicher noch gebrauchen. Das ist keine nette Geste, sondern eine Beleidigung, wenn es sich bei dem Geschenk um kaputte Sachen handelt, die sonst auf den Müll gekommen wären, und die man so einfach nicht braucht.
Verstehen Sie mich nicht falsch, die meisten Armutsbetroffenen sind dankbar, wenn sie materielle Hilfe bekommen, aber sie möchten selber entscheiden, ob sie diese wollen oder nicht. Als armutsbetroffener Mensch möchte ich – wie jeder andere Mensch – ernst genommen und respektiert werden. Das ist eigentlich nicht so schwer. Die Fragen „Kann ich dir irgendwie helfen? Was brauchst du?“ sind nie verkehrt.
Aber bis die Vorurteile gegen Armutsbetroffene abgebaut werden, wird es wohl Jahre dauern, denn politisch, habe ich den Eindruck, wird in dieser Hinsicht nichts getan. Es ist einfacher, von einem Klischeebild zu sprechen, dem „faulen Bürgergeldempfänger“, weil es einfacher ist, einen Sündenbock zu finden. Ich kann mich gut daran erinnern, wie die Springerpresse vor 15 bis 20 Jahren, als es um die Einführung von Hartz IV ging, jede Woche einen neuen „Schuldigen“ fand, der angeblich Deutschlands Wirtschaft schade. Die Dynamik ist heutzutage noch die Gleiche. Geflüchtete sind schuld, die Grünen sind schuld, oder eben die Sozialleistungsempfänger, meint die Zeitung mit den großen Buchstaben. Das macht mich so unglaublich wütend.
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