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Maike Wetzel: Schwebende Brücken

#1 von Sirius , 10.08.2023 16:39

Maike Wetzel: Schwebende Brücken

Wie macht man weiter nach dem Verlust des Partners, als Mutter, als Schriftstellerin? Maike Wetzels autobiografischer Roman ist ein Trauerbuch in der Tradition von Joan Didions „Jahr des magischen Denkens“.
Vor fünf Jahren übernimmt Maike Wetzel den Auftrag für ein Opernlibretto, eine moderne Version des Orpheus-Mythos. Die Arbeit ist mühsam, das Thema – der verzweifelte Versuch, die verstorbene Geliebte zurück ins Leben zu bringen – erscheint ihr „fern, abstrakt“, erinnert sich die Autorin in ihrem autobiografischen Roman „Schwebende Brücken“. Bis mitten im Schreiben das Undenkbare geschieht: Bei einem Campingausflug mit der Familie unternimmt ihr Mann – der Vater ihrer beiden Söhne – mit seinem Bruder einen Ausflug mit einem Segelboot. Bei einem Wendemanöver kommt es zur Kenterung, nur der Bruder überlebt.

„Die Geschichte von Orpheus und Eurydike lese ich zunächst als die eines Untergangs“, erklärt Wetzels Ich-Erzählerin. „Sie birgt keinen Trost. Ich weiß nicht, was von Trost sein kann, außer uns immer wieder neu zu erfinden, dich in Spiralen und Spiegeln aufs Neue zu begrüßen. (…) Ich halte dich am Leben mit meinen dunklen Liedern. Wie Orpheus bin ich jetzt ein singender Kopf. (…) Aber ich kann nicht singen. Meine Stimme krächzt und an jedem Arm zieht ein Kind.“

Maike Wetzel, Jahrgang 1974, wurde nach der Jahrtausendwende zunächst mit Erzählungen bekannt, ehe sie sich der Arbeit als Regisseurin und Drehbuchautorin zuwandte; zuletzt erschien von ihr vor fünf Jahren der Roman „Elly“, der der Frage nachging, was der Verlust eines Kindes mit denen macht, zurückbleiben. Um Trauer und die Frage des Weitermachens geht es auch im neuen Werk der Berliner Autorin, allerdings auf ungleich persönlichere Weise.
Wie im Mythos soll auch bei Wetzel die Kunst die Erinnerung an einen Toten lebendig werden lassen, also letztlich: den Tod überlisten. Dazu dient die Adressierung dieser Prosa an den Verunglückten. Wetzels Roman stellt formal gesehen eine Art Brief an den Verstorbenen dar. Dazu dient aber auch das an Joan Didion erinnernde magische Denken der Ich-Erzählerin, ihr Mann könnte doch noch am Leben sein oder ihr Zeichen geben – anfangs noch gefördert durch den Umstand, dass die Leiche erst Tage später von Tauchern gefunden wird.

Weiterlesen:

https://www.tagesspiegel.de/kultur/maike...n-10207846.html


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Sirius
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