Keine Auskunft
Jedes Ministerium, jede Behörde und jedes Amt in Deutschland ist verpflichtet, seinen Bürgerinnen und Bürgern offenzulegen, wie dort gearbeitet wird: Wie kamen zum Beispiel neue Gesetze genau zustande, welche Lobbyisten wurden dafür angehört? Das regelt seit dem Jahr 2005 das Informationsfreiheitsgesetz. In den Behörden gibt es Anlaufstellen, die diese Anfragen, kurz IFG-Anfragen, beantworten müssen. Wer sich selbst nicht allein heran traut, dem hilft die Webseite fragdenstaat.de mit Vorlagen.
Ein toller Service des Staats für uns – den auch wir Journalistinnen und Journalisten oft als Quelle für unsere Recherchen nutzen. Oder? In der Praxis haben die Behörden jede Menge Ausreden parat, um die Transparenzvorgaben zu umgehen.
Ein paar Beispiele aus meiner Arbeit: Ich habe Anfang Juli das Auswärtige Amt, das Justiz- und das Wirtschaftsministerium gebeten, mir offenzulegen, wie die vor kurzem veröffentlichte China-Strategie der Regierung zustande kam – weil diese deutlich zahmer gegenüber China ausfiel als zuvor angekündigt worden war. Alle drei lehnten meine Anträge kategorisch ab. Grund: Die Auskunft könne internationale Beziehungen gefährden. Ich habe sofort Widerspruch eingelegt – und nun seit Monaten nichts mehr gehört.
Ein anderes Beispiel: Für eine Recherche zur Frage, wie gut Geflüchtete medizinisch versorgt werden, habe ich das Gesundheitsministerium um Auskunft gebeten. Auch hier keine Antwort. Grund: Angeblich gebe es zur Fragestellung keinerlei Schriftverkehr. Was man da tun kann? So gut wie nichts. Woher soll man als Außenstehende wissen, ob die Behörde die Wahrheit sagt? Das Innenministerium antwortete mir zwar auf dieselbe Frage – schickte aber die Informationen nicht einfach per Mail oder Brief. Sondern in einer CD-Rom, die verschlüsselt war. Es kostete mich Wochen, bis ich jemanden in meinem Bekanntenkreis aufgetrieben hatte, der irgendwo noch ein Laufwerk liegen hatte. Bemühen um Transparenz sieht anders aus.
Wenn Sie als engagierte Bürgerin sich mal an eine IFG-Anfrage wagen wollen: Mit meinem Journalistenkollegen Daniel Drepper habe ich in einem Seminar Tipps gegeben, wie man trotz mauernder Behörden an Infos kommt. Es ist über unsere Online-Akademie Reporterfabrik abrufbar:
https://akademie.reporterfabrik.org/cour...+240+2023/about
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