Jan Wagner: Steine & Erden
Jan Wagner zählt zu den wenigen wirklich erfolgreichen Lyrikern der Gegenwart: Er wurde nicht nur mit den wichtigsten Literaturpreisen geehrt, seine Poesie steht auch auf den Bestsellerlisten. Sein neuer Gedichtband heißt "Steine & Erden".
von Juliane Bergmann
Karotten beschreibt er so: "unterirdische raketen (…) bewegen sich immerzu fort von der sonne, dem erdmittelpunkt entgegen", den Apfel "mit dem äquator von süße" und Flamingos als die, die "mit jedem hals ein fragezeichen an alles fügen". Wenn er von "thermoskannentagen" redet, wissen wir, welche Witterung er meint. Ebenso kennen wir "den geheimen duft von erde und asphalt", den der Regen im Gedicht enthüllt.
In "Steine & Erden" findet Jan Wagner neue Bilder für Altbekanntes. Seine Sprache ist wie immer: klar, zugänglich, anmutig. Diese Lyrik weckt keinerlei Berührungsängste, hat keine Einstiegsschwelle. Sofort sind wir drin in diesem poetischen Kosmos. Tiere, Landschaften, kleine und große Alltagsgegenstände - alles bekommt einen wundersamen Glanz, eine Geschichte.
"streichholz
eines klappert noch
in der schachtel, gehütet
wie ein erster zahn
dann angerissen
in dichtestem dunkel: ah!
hier bin ich. war ich."
Textprobe aus "Steine & Erden"
Jan Wagner bleibt sich treu. In seinen Gedichten bildet das vermeintlich Belanglose den Ausgangspunkt für große Themen. Das Streichholz könnte für Vergänglichkeit stehen, für Einsamkeit, für den letzten Hoffnungsschimmer, vielleicht auch für unsere Unfähigkeit loszulassen.
Mal mehr mal weniger offensichtlich steckt Gesellschaftskritik in seiner Lyrik: Der Mensch macht sich schuldig, indem er zum Beispiel Tiere schlachtet, Massentierhaltung unterstützt, Müllberge stapelt, luxussüchtig Muscheln und Trüffel in sich hinein frisst, sich mit ausländischen Nachbarn schwertut.
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https://www.ndr.de/kultur/buch/Steine-Er...nderden100.html
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