Daniela Krien: Mein drittes Leben
Daniela Krien schreibt "Mein drittes Leben" über eine Frau, deren einzige Tochter stirbt. Die Trauer ist übermächtig - doch Linda findet den Weg zurück ins Leben. Roman steht auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis.
von Claudia Ingenhoven, MDR
Der Name Linda, die Sanfte, scheint nicht zu passen zu der Frau, die sich in ein trostloses Dorf zurückgezogen hat. Die gut bezahlte Stelle in einer Kulturstiftung hat sie gekündigt und ihren entsetzten Mann in Leipzig zurückgelassen.
Seit zwei Jahren kämpft sie sich jetzt auf einem abgewirtschafteten Hof durch die Tage, nur die Hühner und den Hund hat sie behalten. Verzweifelt sucht sie den größtmöglichen Abstand zu ihrem früheren Leben. Es zerbrach, als ihre Tochter Sonja starb.
Eine Ampel schaltete auf Grün, eine siebzehnjährige Fahrradfahrerin mit blondem Pferdeschwanz und lauter Musik in den Ohren trat in die Pedale ihres Rennrads, ein LKW-Fahrer, der vergessen hatte, in den Seitenspiegel zu schauen, bog über den Radweg nach rechts ab.
Anfangs trauern Linda und Richard gemeinsam. Aber weil in Leipzig alles an die Tochter erinnert, ist Linda in die Einöde geflohen. Sie quält sich mit Vorwürfen: Immer fand sie Sonja zu angepasst, zu unsportlich, ohne Ehrgeiz. Beim Holzhacken verausgabt sie sich, müde wird sie trotzdem nicht, nur starke Schlaftabletten verschaffen ihr einige Stunden Ruhe. Richard bittet sie inständig zurückzukommen, meist weist sie ihn schroff ab.
Daniela Krien erzählt die Geschichte aus der Perspektive von Linda; sie ist die Ich-Erzählerin, die lieber sterben als leben möchte. Nur einmal steht sie neben sich, sie rutscht in die dritte Person, als Richard ihr von einer neuen Frau erzählt, einer Schriftstellerin, die ihn aus der Einsamkeit befreit. Linda verstummt. Nur eine Bekannte findet noch Zugang zu ihr.
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