Krieg 170
Wer die Welt verstehen wollte, und vor allem: retten, war gut beraten, lieber den Jüngsten zuzuhören.
Auf der Suche nach Orten, an denen man noch Mut schöpfen konnte, nach Orten im Äußeren und Inneren, stolperte man: über Bahnsteige, an denen ein Mensch auf andere Menschen einstach; über massive Sperren, die Innenstädte sichern sollten gegen Menschen, die Autos in die Menge zu steuern bereit waren; über Appelle, im Alltag achtsamer zu sein, weil es geschehen konnte, dass Nächste einem nach dem Leben trachteten.
Man stolperte über Minen im Osten, wo seit 170 Wochen und acht Jahren Krieg herrschte, Minen, die riesige Gebiete auf lange Zeit unpassierbar machten. Man stolperte über Menschen, die im Nahen Osten zu Tausenden einem Krieg erlagen, für den sie nichts konnten und den kaum jemand mehr verstand, nicht einmal die Staatsräson.
Man stolperte über die Frage, wie das große Land im fernen Westen einen Präsidenten hatte wählen können, dem das Wohl seiner Bürgerinnen nicht am Herzen lag; dem eigentlich, genau betrachtet, nichts am Herzen lag. Man stolperte in der Nähe über Wohngebiete, in denen Vernünftige eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde auf einer Durchgangsstraße durchgesetzt hatten, worauf Menschen in ihren Kraftwagen beim Vorbeifahren hupten und Böller zündeten vor Zorn. Innere Raserei, weil die äußere unterbunden wurde.
Man stolperte vor allem über die eigenen Gedanken. Wo wir landen würden, fragte man sich. Wo alles enden sollte. Wer das Ruder herumreißen konnte in Richtung Vernunft, möglichst ehe doch wieder eine Arche in See würde stechen müssen, mit Resten des Gemeinsinns, auf den es ankäme, falls es eine Zukunft geben sollte.
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