Brüder-Roman von Heinz Helle
Trauer, Schuld und das Böse in der Welt
Warum wählt jemand den Weg der Selbstzerstörung? In „Die Überwindung der Schwerkraft" erzählt Heinz Helle eine Brüder-Geschichte von großer emotionaler Wucht.
Womit fangen wir an? Mit dem abgründigen Gedankenexperiment, das klären soll, ob man einen Kindermörder mit ein paar Utensilien aus dem Baumarkt zur Einsicht bewegen kann? Oder mit dem berückenden nächtlichen Erlebnis auf der Autobahn, als plötzlich nichts mehr geht und alle aussteigen müssen und mit einem Mal unter lauter Fremden für einen kostbaren Moment ein Gemeinschaftsgefühl voller Hilfsbereitschaft entsteht?
Nein, beginnen wir besser mit der Form. Was insofern naheliegt, als sich der Titel schon nach wenigen Seiten als blanke Ironie erweist. „Die Überwindung der Schwerkraft“, schön wär’s. Hier schwebt erst mal gar nichts, schon gar nicht der Leser. Heinz Helles neuer Roman ist alles Mögliche, ein Roman der Trauer etwa und der Schuld, eine Meditation über Vaterschaft oder das Böse in der Welt, nur gewiss keine leichte Kost.
Was für ein Sprung an sprachgestalterischer Kraft und Ambition im Vergleich zu Helles Vorgängertiteln, dem bewusstseinsphilosophischen Romandebüt „Der beruhigende Klang von Kerosin“ (2014) und der eindringlichen Romandystopie „Eigentlich müssten wir tanzen“ (2015), die es immerhin auf die Nominierungsliste für den Deutschen Buchpreis schaffte. Man muss sich das vorstellen: Der dritte Roman des 40-jährigen Wahl-Schweizers und inzwischen promovierten Philosophen besteht allein aus einem kapitel- und absatzlosen Textblock. Mit Sätzen, die sich über halbe Seiten und mehr erstrecken, ein Labyrinth aus Kommas und Konjunktionen.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/brued...t/23677020.html
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