Die Welt will betrogen sein
Der neue Roman des australischen Bookerpreisträgers Richard Flanagan erzählt von einem charismatischen Millionenbetrüger – und dem schmalen Grat zwischen Lüge und Fiktion.
Kif Kehlmann ist noch kein Schriftsteller, er will erst einer werden. Er sitzt an seinem ersten Roman; der aber kommt nicht recht voran, zu viel Zeit geht für Hilfsarbeiter- und Bürojobs drauf, die Familie – seine Frau Suzy, mit Zwillingen schwanger, und die dreijährige Bo – muss schliesslich etwas zu essen bekommen.
Sein einziges Paar Schuhe (Adidas) geht aus dem Leim, das Auto ist reif für den Schrottplatz, die Bruchbude kurz vor der Zwangsversteigerung. In dieser Lage ist das Schreiben eine Qual. Allerdings: «Schlimmer als schreiben war nur: nicht schreiben.»
Da erhält Kehlmann über einen alten Freund das Angebot, die Autobiografie Siegfried Heidls zu schreiben, eines Betrügers, der australische Banken um 700 Millionen Dollar geprellt hat. Es ist der höchste Schaden in der Geschichte des Landes. Der Prozess steht kurz bevor, das Buch muss ein Schnellschuss und ein Bestseller werden.
Der werdende Autor ziert sich erst noch ein bisschen wegen seiner «literarischen Reputation», aber dann willigt er ein. 10'000 Dollar Honorar bedeuten: Er kann Schulden bezahlen, Babyausstattung kaufen, den Roman fertig schreiben.
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https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buec.../story/22192032
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