Dorfroman "Lanny"
Das Zauberkind ist verschwunden
Plötzlich ist Lanny weg. Ein Verdächtiger ist schnell ausgemacht. Aber liegen die Dinge so einfach, wie sie scheinen? Und was hat der Wald damit zu tun? Grandios erzählte Gegenwartsliteratur von Max Porter.
Wenn Altvater Schuppenwurz spricht, muss man das Buch "Lanny" manchmal schräg halten, es kreisen lassen, die Entfernung zu den Augen verringern. Ein bisschen ist es so: Altvater Schuppenwurz stemmt sich gegen die elementare Ordnung des Satzes, im buchdruckerischen wie im linguistischen Sinne.
Es sind Fetzen konkreter Poesie, die er von sich gibt; kursive Wortkringel wie "Shampoo in den Augen ", "ein halbes Dutzend Hundekotbeh älter ", "raucht nur gutes Gras ", schweben durch das Buch. Altvater Schuppenwurz sagt all das nicht selber, eher hört er es und dient als Resonanzkörper; er spuckt es aus.
Er ist - grob ausgedrückt - der Wald, und als solcher von einer ständig wechselhaften Gestalt: "Er zerfällt und bebt, teilt und sammelt sich, würgt eine Plastikflasche hoch und ein versteinertes Kondom, verweilt kurz als zerschlagene Fiberglaswanne, stolpert und reißt sich die Maske ab, befühlt sein Gesicht und entdeckt lang vergrabene Gerbsäureflaschen. Viktorianischer Abfall."
Man weiß seit Max Porters vielgelobtem Debüt "Trauer ist das Ding mit Federn" um das Talent des englischen Autors, wenn es darum geht, Sprache zu dehnen, das übliche Format des Romans in die Lyrik hinein zu erweitern. In "Lanny" gelingt ihm das noch einmal besser; er macht mit der Einführung eines Sagenwesens aus dem Wald einen zusätzlichen Raum auf, der die eigentliche Handlung stets in Frage stellt. Und: Er öffnet das Setting, erzählt nicht nur aus dem Privaten, sondern auch aus der Gemeinschaft.
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https://www.spiegel.de/kultur/literatur/...-a-1259697.html
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