"Was verloren geht" von Zinzi Clemmons
Trauer ohne Tralala
Eine Mutter stirbt, ihre Tochter trudelt. Mit ihrem Debüt "Was verloren geht" gelingt Zinzi Clemmons ein starker Roman, der Trauer-Kitsch vermeidet und Verlustgefühle realitätsnah abbildet.
Es ist, als bräuchte sie zwischendurch eine Dosis Realität. Fakten. Statistiken. Fotos. Zeitungsausschnitte. Um ihrem eigenen Gefühlsloch etwas entgegenzusetzen. Und die unscharfe Abwesenheit mit etwas Handfestem zu füllen.
Ihre Mutter ist gestorben, neulich erst, länger her, irgendwann. Krebs, das elende Miststück. Und nun hängt Thandi, mitten im Studium, in einem Karussell aus Gleichzeitigkeiten:
"Sie ist von uns gegangen."
"Und doch ist sie hier."
"Aber sie fehlt."
"Dabei spüre ich ihre Arme um mich."
Romane, die davon erzählen, jemanden an den Tod zu verlieren, laufen immer Gefahr, dass allzuviele beim Lesen denken: Nein, so fühlt sich das nicht an. Hat mit mir nichts zu tun. Trauer-Kitsch, uh. Weil Trauer nun einmal vor allem eines ist: verschieden. Weil es kein Richtig und Falsch gibt. Nur zu viel Gefühl, das immer wieder wie aus dem Nichts über einen drüber schwappt. Auch Monate, Jahre später.
Und eben deshalb ist es sensationell, wie Zinzi Clemmons genau dieses Diffuse in ihrem Roman abbildet. Indem sie Thandi in "Was verloren geht" bruchstückhaft erzählen lässt. Sie lässt alles Episode sein. Die Hospizflure, die Schmerztagenächte der Mutter, den Kühlschrank voller Wohlfühlessen, Thandis Fluchten in Sex mit wemauchimmer und in Liebe zwischen Philadelphia und Portland. Um endlich nicht mehr zu erinnern.
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https://www.spiegel.de/kultur/literatur/...-a-1260106.html
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