«Ich kann nur jemanden lieben, dem ich die Freiheit lasse.» Ein Briefwechsel des verrücktesten Liebespaars der Schweizer Literaturgeschichte
Sie waren das verrückteste, das schönste, das wildeste Ehepaar der Schweizer Literaturgeschichte. Nun kann man den Liebes- und Lebensstürmen von Corinna Bille und Maurice Chappaz in ihren Briefen folgen.
Bevor sie sich begegneten, träumten sie voneinander. So kannten sie sich, ehe sie sich erstmals sahen. Die junge Walliser Schriftstellerin Corinna Bille habe sich beim Anblick einer Fotografie des noch jüngeren Walliser Schriftstellers Maurice Chappaz «fürs Leben verliebt», wie sie sagte. Doch erst zwei Monate später, im Januar 1942, stand sie ihm gegenüber: «Der wirkliche Maurice Chappaz war exakt so, wie ich ihn mir (. . .) vorgestellt hatte», erzählte sie dreissig Jahre später.
Der vier Jahre jüngere und damals etwas schüchterne Maurice Chappaz musste seinerseits zutiefst bewegt gewesen sein. Da hatte der 25-Jährige nun die ganze Zeit von einer imaginären «Prinzessin von Tripoli» geschwärmt, von einem wilden Leben in Freiheit und Ungebundenheit, ein Vagabund unter Landstreichern wollte er sein: Und plötzlich stand ihm die Prinzessin leibhaftig gegenüber, als sei ein Phantasma wahr geworden.
Denn sie hatte erreicht, was ihm erst noch bevorstand: Sie hatte ein Buch veröffentlicht, war verheiratet gewesen in Paris und hatte eine Weile dort gelebt, sich dann aber getrennt, sie kehrte zurück und war schon wieder liiert mit einem Dichterfreund. Solche Wildheit und Eigenwilligkeit schlummerte auch in ihm. Die Schönheit beider tat dann den Rest. Der wahre Zauber der ersten Begegnung aber lag darin, dass die Traumbilder an der Wirklichkeit nicht zerbarsten.
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