Die im Dunkeln sieht man nicht
Auf einen Spionageroman zusteuern, dann scharf zu den Labyrinthen des Selbstverlustes abbiegen: Javier Marías erzählt in "Berta Isla" von einer Frau, der nicht nur ihr Mann abhanden kommt.
Von Frauke Meyer-Gosau
Die Literaten sind sich nicht einig: Ist "jeder Mensch eine Insel, die sich nach Vereinigung mit dem Festland sehnt", wie Arthur Koestler meinte, oder ist, wie John Donne 500 Jahre zuvor schrieb, gerade das Gegenteil wahr: "Niemand ist eine Insel, in sich ganz; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents"? Javier Marías scheint in dieser Frage entschieden. "Berta Isla" heißt sein neuer Roman, betitelt nach der weiblichen Hauptfigur. Sie trägt die "Insel"-Existenz schon im Namen, und so weit wir ihrem Leben in diesem Buch folgen - von der Mitte der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts bis ungefähr an dessen Ende -, ist die Verbindung zu ihrem Daseins-Kontinent, dem gemeinsamen Leben mit Tomás "Tom" Nevinson, erst löchrig geworden, dann unstet, und am 4. April 1982 schließlich komplett abgebrochen.
Auch Toms unerwartetes Wiederauftauchen zwölf Jahre später kann die verlorenenen Gewissheiten nicht wiederherstellen. Sie wird bleiben, was Marías ihr mit ihrem Namen aufgegeben hat: ein insuläres Wesen mit nur wenigen, fragilen Brücken zu dem, was für andere ein normales Leben ist. Dabei schien für Berta und Tomás zunächst alles genau in diese Richtung zu laufen. Als Kinder lernen sie sich kennen, gehen zusammen in Madrid auf die angesehene Schule "Instituto Británico", an der auch Toms Mutter unterrichtet, und mit noch nicht 15 Jahren tun sie sich, in zunächst nur "geschwisterlicher Verschworenheit", zu einem Paar zusammen.
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