Die Welt ist nicht nur böse
Verlorene, Vertriebene, Gestrandete und Gescheiterte, wohin man schaut. Der Autor Willy Vlautin schreibt in seinem neuen Roman vom Versuch, ein guter Mensch zu sein.
Eine Rezension von Christoph Schröder
Mr. Reese ist ein bescheidener Mensch, der in vollendetem Fatalismus zu der Einsicht gekommen ist, dass das, was er erreicht hat, genau das ist, was er auch hat erreichen können. Mr. Reese ist alt, sehr alt; seine Rückenschmerzen sind unerträglich geworden. Er hatte einmal Träume, vor langer Zeit. Da war er mit einer Frau in Mexiko, am Meer, aber dann erlag sein Vater einem Herzanfall und Mr. Reese verließ das Haus am Meer und die Frau, übernahm die väterliche Farm in den Bergen von Nevada, lernte die Köchin einer benachbarten Farm kennen und heiratete sie. "Plötzlich", so schließt er seine Lebenserzählung, die gerade einmal zwei Seiten umfasst, "lebte ich als Dreißigjähriger allein mit Mrs. Reese auf der Ranch." Dabei blieb es, über Jahrzehnte hinweg. Pferde, Schafe, die Monotonie des Alltags. Eine Existenz, die darauf angelegt ist, niemandem Schaden zuzufügen. "Man ist ein besserer Mensch, wenn man es versucht." Noch so ein Satz von Mr. Reese.
Das ist die Welt, das sind die Figuren, die Willy Vlautin entwirft. Vlautin, geboren 1967, ist der Leadsänger und Gitarrist der Folkband Richmond Fontaine und gründete im Jahr 2014 gemeinsam mit Amy Boone die Band The Delines. Vlautins Songs und sein Gesang sind melancholisch und getragen, nicht kompliziert, aber auf eine spezielle Weise anrührend. Das 2018 erschienene Richmond-Fontaine-Album Don’t Skip Out On Me (so heißt Ein feiner Typ im Original) ist sogar ein eigens zum Buch komponierter Soundtrack.
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https://www.zeit.de/kultur/literatur/201...roman-rezension
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