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Der Nachlass des Tages, der schon nach Herbst schmeckt

#1 von Sirius , 17.09.2019 19:20

"Erdanziehung"
Der Nachlass des Tages, der schon nach Herbst schmeckt

Mit seinem aktuellen Gedichtband bringt der 85-jährige Dichter Wulf Kirsten ein wenig Zeitlosigkeit in eine Ära der Beschleunigung. Das ist nur vordergründig altmodisch.
Von Björn Hayer

Einstmals schmückten unter der Sonne glänzende Schlösser und Burgen die Landschaften. Inzwischen trifft man dort, wo sie standen, auf "restholzbestände" und "halbtrockenrasen". Echtes Leben macht sich vor allem noch im Untergrund bemerkbar, wo "Endogene[] kräfte[]" wirken, kaum sichtbare, geheime Strömungen, zu denen uns erst Wulf Kirstens Gedichte Zugang verschaffen. Den neuesten Band Erdanziehung des Peter-Huchel-Preisträgers, eine Sammlung der lyrischen Werke aus den Jahren 2011 bis 2018, kann man als eine poetische Tiefenbohrung sehen. Was die freilegt, sind historische und biografische Schichten. Darunter immer wieder Bilder des Kriegs: von Panzern in Sümpfen, selbst gebauten Bunkern und Gräberfeldern. Überall vernimmt der Leser "zermahlenes erdenweh".
Angestimmt wird von dem 1934 in Klipphausen geborenen Dichter jedoch kein Lamento über die Vergänglichkeit allen Seins. Vielmehr weiß er um die konservierende Macht der Poesie. Seien es die Geschichten der Ahnen, der im Fernen verhallende Gesang der Zikaden oder weltverlorene Bahnstationen im Nirgendwo – Kirstens Verse bewahren, was allzu schnell verloren zu gehen droht, und knüpfen an eine ästhetisch höchst verspielte Gedenk- und Erinnerungskultur an, die schon seit geraumer Zeit die Literatur durchdringt. Man denke in der Prosa an Werke von Judith Schalanskys oder Sven Tillich oder in der Lyrik an Uwe Kolbe, Silke Scheuermann oder José F. A. Oliver. Auf Lichtgeschwindigkeit und Informationsflut der digitalen Spätmoderne antworten diese Autorinnen mit der Souveränität des gesetzten Wortes. Kirsten formuliert seine Kulturkritik nun sogar dezidiert in einer Miniatur über die Stille aus, die für ihn den Ausgangspunkt des poetischen Schreibens darstellt. Denn sie sei ein "summen", woraus sich erst die "textur", also das Gedicht bilde. Doch "wer", so die Skepsis an der Gegenwart der anderen, "noch wollte / und sollte das überirdische hören, wo / alle ohren verstöpselt, alle blicke / weltab gerichtet auf smartphones, / die dazu verhelfen, nicht mehr gewahr / zu werden die sie umfangende welt"?

Weiterlesen:

https://www.zeit.de/kultur/literatur/201...f-kirsten-lyrik


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Sirius
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