Wenn der Algorithmus dein Leben übernimmt
Kafkaeske Digitalisierung: In Phillip Schönthalers großartigem Roman „Der Weg aller Wellen" verliert ein Mann seine Identität - durch einen Softwarefehler.
Jemand muss den Ich-Erzähler von Philipp Schönthalers neuem Roman verleumdet
haben. Denn ohne dass der namenlose Protagonist etwas Böses getan hätte, verweigert ihm eines Morgens die Sicherheitskontrolle am Eingang den Zutritt zu seinem Arbeitsplatz.
So beginnen Albträume im Zeitalter der Digitalisierung: wenn plötzlich Sensoren versagen, Anmeldungen fehlschlagen, Autorisierungen verweigert werden. Wenn man mit einem Mal keinen Zugang mehr hat zum eigenen Leben, einschließlich Bankkonto oder Wohnung.
Im Fall von Schönthalers Protagonisten weigert sich zunächst „nur“ der Scanner an der Zugangsschleuse zum „Campus“, ihn anhand seiner Handvenen als Angestellten des „Ringes“ zu identifizieren.
Dieses biometrische Verfahren wird schon heute als Alternative zu Fingerabdruckscan oder Gesichtserkennung diskutiert, in Schönthalers Near-Future-Dystopie ist die Durchleuchtung der Blutgefäße bereits Realität, zumindest bei den Techno-Giganten im „Tal“, sprich: Silicon Valley.
Das Headquarter des Unternehmens, in dem der Icherzähler in der Abteilung „Ad & Sales“ arbeitet, ist brandneu; seine ringförmige Architektur erinnert an den schlauchartigen Apple Park in Cupertino. Zugleich dürfte der „Ring“ aber eine Anspielung auf Dave Eggers’ Social-Media-Dystopie „The Circle“ sein.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/near-...t/25041116.html
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