Liebe Sprachbenutzerinnen und Sprachbenutzer: Wie halten Sie es mit der Sexualisierung der Sprache von oben?
Die Suche nach einer Sprache der Gleichberechtigung hat nicht zur gewünschten Genderneutralität geführt, sondern zu einem neuen Kulturkampf unter den Geschlechtern. Es ist höchste Zeit, das Projekt der gegenderten Ausdrucksform zu begraben – und die Sprache ihren Benutzern zurückzugeben.
In der sich so fortschrittlich dünkenden Schweiz herrscht das Patriarchat. Wer das abstreitet, der möge so gut sein und auf seinen eigenen Sprachgebrauch achten – die männliche Form dominiert noch immer, nicht nur im mündlichen, auch im schriftlichen Ausdruck. Und wo keine sprachliche Gleichbehandlung von Mann und Frau gegeben ist, da kann von Gleichstellung, wie Artikel 8 der Bundesverfassung sie festsetzt, vernünftigerweise nicht die Rede sein. Oder will das im Jahre 2019 jemand ernsthaft bestreiten?
Wer sich öffentlich äussert, muss also auf der Hut sein. Der Umgang mit Sprache ist voller Fallstricke und ziemlich schwierig geworden. Wie schwierig, zeigte jüngst eine Debatte im Zürcher Gemeinderat, die weit über die Stadtgrenzen hinaus für Aufsehen sorgte. Was wie eine Posse auf den Politbetrieb anmutet, ist der politlinguistische Ernst- bzw. Normalfall in einem demokratisch gewählten Parlament: Die Gemeinderätin Susanne Brunner (svp.) erfrecht sich, eine Interpellation zu einem unbewilligten Festival einzureichen, in der sie das generische Maskulinum verwendet.
Sie spricht von «Besetzern» statt von «Besetzerinnen und Besetzern» oder «Besetzenden». So müsste es gemäss den «Ausführungsbestimmungen zur Geschäftsordnung des Gemeinderates» korrekt heissen, die wiederum auf den «Städtischen Richtlinien zur Rechtschreibung» beruhen, die ihrerseits ein «Reglement für die sprachliche Gleichstellung» enthalten. Ob die Politikerin nun also gezielt eine Provokation platzierte, eine PR-Aktion in eigener Sache lancierte oder bloss unerschrocken handelte, ist nicht aktenkundig und spielt hier keine Rolle. Fakt ist, dass der Vorstoss zuerst vom Ratsbüro zurückgewiesen wird, weil er interne Richtlinien verletzt, «insbesondere was die sprachliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern betrifft».
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https://www.nzz.ch/meinung/gender-sprach...oben-ld.1513053
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