Niemand hat vor, einen Eisbären zu töten
„Finde einem Schwan ein Boot“ handelt von fragwürdigen Paarbeziehungen und finsteren Aussichten. Anna Weidenholzer hat einen eigenwilligen Roman geschrieben, der trotz aller Ernsthaftigkeiten auf subtile Weise Witz enthält.
Nicht etwa die Frage nach dem ganz großen Glück, vielmehr die nach einer möglichen Zufriedenheit oder eigentlich doch nur: nach der Erträglichkeit des Daseins ist es, die Anna Weidenholzer umtreibt. Dafür schaut die 1984 in Linz geborene Autorin auf jene vermeintlich unspektakulären Bereiche der Gesellschaft, auf jene vermeintlich mittelmäßigen Gestalten, die man allzu schnell übersieht, und, wie in ihrem dritten Roman „Finde einem Schwan ein Boot“, auf Geschichten, die erst einmal gar keine zu sein scheinen.
Der erzählerische Rahmen des Romans ist ein doppelter. Zum einen ein räumlicher: zwei Mehrfamilienhäuser, getrennt durch eine Wiese mit Wäschespinne, aber doch so nah beieinander, dass man sich gegenseitig in die Wohn- und Schlafzimmerfenster schauen kann. Da gibt es die Nachbarin, die notorisch den Postboten kontrolliert, oder den alleinstehenden Alten, dessen Einsamkeit so bedrückend ist, dass man lieber wegguckt. Und es gibt ein Paar wie Elisabeth und Peter, kinderlos, in den Dreißigern wohl, deren Beziehung weder von großen Krisen noch von bemerkenswerten Euphorieausschlägen erschüttert wird, so dass die Frage nach der Bedingungslosigkeit genauso wie nach der Unbedingtheit dieser Zweisamkeit durchaus angebracht scheint.
Explizit formulieren wird sie ihn zwar nicht, aber der Zweifel tröpfelt stetig in Elisabeths Gedanken, während sie nachts wach liegt, den schlafenden Peter neben sich – die Stunden von 1.18 Uhr bis 5.58 Uhr bilden den zeitlichen Rahmen des Romans. In verschiedenen, mal jüngeren, mal weiter zurückliegenden Szenen vergegenwärtigt Elisabeth sich das Leben mit Peter, zu dem auch die lose Freundschaft mit Karla und Heinz, einem Paar von gegenüber, gehört, deren Beziehung ähnlich dahinplätschert. Für zwischenzeitliche Energieaufwallungen sorgen einzig Peters ambitionierte Bergtouren – Elisabeths Abneigung dagegen blendet er aus – oder Heinz’ handwerkliche Betätigungen, wenn er etwa die Schrankwand im Wohnzimmer so zurechtzimmert, dass der Käfig des Chinchillas darin Platz findet. Überhaupt, dieses Chinchilla! Ähnlichkeiten des eingepferchten Nagers mit den übrigen Bewohnern dürfen nicht als ausgeschlossen gelten.
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