Kein Recht auf Rendite, aber ein Grundrecht auf Wohnen
von Sabine Nuss
Wer im Sommer 2019 in Berlin der mietenpolitischen Auseinandersetzung folgte, wurde Zeuge einer ideologischen Schlammschlacht: Die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher, hatte als Reaktion auf die gestiegenen Mieten in der Stadt einen Entwurf für ein „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin“ vorgelegt. Er sah unter anderem vor, die Mieten für fünf Jahre einzufrieren, eine Mietobergrenze einzuführen und Mieten möglicherweise sogar abzusenken. Explizit ausgenommen wurden seit 2014 fertiggestellte Immobilien, und weitere Sonderregelungen sollten „unbillige Härten“ für Vermieter vermeiden. Noch bevor jedoch irgendein Gesetz beschlossen war, wusste manch ein Vertreter der Immobilienbranche, dass damit die „linke Baubrigade“ die Hauptstadt auf direktem Weg zurück in die DDR führen würde. Diese schrille Polemik übertönt die Debatte, die eigentlich geführt werden müsste: eine Grundsatzdebatte über das Eigentum an Wohnraum.
Als Gründe für steigende Mieten werden meistens das Bevölkerungswachstum in den Städten und zu wenig Neubau genannt. Diese Diagnose ist nicht falsch. Stadtsoziologen haben in den letzten Jahren allerdings rauf und runter analysiert, dass die Gründe tiefer liegen: So wurde etwa Ende der 1980er Jahre die Gemeinnützigkeit für den Wohnungssektor abgeschafft. Das heißt, für etwa 1800 Wohnungsunternehmen mit fast vier Mio. Wohnungen wurden die bis dahin geltenden Gewinnbeschränkungen aufgehoben. Darüber hinaus privatisierten Bund, Länder und Kommunen seit den 1990er Jahren über zwei Mio. Wohnungen. Der soziale Wohnungsbau wurde schrittweise abgebaut: „Allein zwischen 1992 und 2012 reduzierte sich die Anzahl der Mietpreis- und Belegungsbindungen im Sozialen Wohnungsbau von 3,6 Mio. auf unter 1,5 Mio. Wohnungen.“ Denn nach Ablauf der Förderprogramme wurden die ehemaligen Sozialwohnungen dem freien Markt überlassen. So hat man politische Gestaltungsmöglichkeiten aufgegeben. Der Markt sollte es von nun an regeln.
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