Sicherheitslage in Afghanistan
„Die deutsche Abschiebepolitik hat keinen Bezug zur Realität"
Wer nach Afghanistan abgeschoben wird, landet in einem feindseligen Land, sagt der Menschenrechtler Hadi Marifat. Manche ließen sich dann von Terrormilizen rekrutieren.
Wie geht es den Afghanen, die aus Europa abgeschoben wurden? Der afghanische Menschenrechtler Hadi Marifat hat das gemeinsam mit seinen Mitarbeitern in Kabul untersucht und die Ergebnisse gerade in Berlin vorgestellt. Im Interview sagt Marifat: Viele der Abgeschobenen seien völlig verloren, anfällig für die Anwerbeversuche von Terrorgruppen – und damit ein massives Sicherheitsrisiko.
Marifat hat Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen in Großbritannien studiert, unter anderem an der London School of Economics, und lebt heute als Geschäftsführer der afghanischen Menschenrechtsorganisation AHRDO in Kabul. Eine Kurzfassung des Gesprächs mit ihm erscheint in der gedruckten Ausgabe der ZEIT.
ZEIT ONLINE: Herr Marifat, Anfang November ist wieder ein Abschiebeflug von Deutschland nach Afghanistan gestartet. Sie sind oft vor Ort am Flughafen in Kabul. Was passiert mit den Menschen nach der Landung?
Hadi Marifat: Als Erstes müssen sie durch die Passkontrolle und in der Regel wird ihnen dort von korrupten afghanischen Beamten das letzte Geld abgenommen, das sie noch bei sich haben.
ZEIT ONLINE: Wohin gehen die Abgeschobenen danach?
Marifat: Einige versuchen, zu ihren Familien zu gelangen. Viele aber haben im Land keine Angehörigen. Sie sind im Iran geboren, wie viele Afghanen. Sie haben keinerlei Verbindungen nach Afghanistan. Das Problem ist: Es gibt keine Sozialhilfe wie in Deutschland. Wenn man obdachlos, krank oder arbeitslos ist, dann ist die Familie oder der Stammesverband das Netz, das einen auffängt. Wer ein solches Netzwerk nicht hat, für den ist Afghanistan eine Katastrophe.
ZEIT ONLINE: Laut der Bundesregierung gibt es vor Ort Helfer der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die sich um die Abgeschobenen kümmern.
Marifat: Bei Sammelabschiebungen, also wenn ein Charterflug landet, sind Helfer vor Ort. Viele Abgeschobene werden aber in normale Linienflüge gesetzt – und von niemandem empfangen. Vor ein paar Wochen saß ich in einem Flugzeug nach Kabul, an Bord waren 15 abgeschobene Männer. Nach der Landung habe ich versucht, jemanden von IOM anzurufen. Niemand hat abgehoben. Niemand ist zum Flughafen gekommen.
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https://www.zeit.de/politik/ausland/2019...-menschenrechte
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