Wie die deutsche Propagandamaschine läuft
Medien in Uniform
Richard David Precht und Harald Welzer haben ihr soeben bei S. Fischer erschienenes Buch „Die Vierte Gewalt“ mit der Beobachtung untertitelt: „Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist“. Au weia, jetzt sind sie Mode, denn was als Jammerzustand der sogenannten Leitmedien und ihres territorialen Gefolges gerügt wird, geht nun ja durch deren Schablonen. Und die Ertappten finden den Befund natürlich unerhört. Die Autoren haben sich angesichts der Maulkörbe, die sorgfältig wägenden Zeitzeugen wie Krone-Schmalz oder Kujat angelegt wurden, in ein Wagnis begeben. Das ist ihnen bewusst. Auch deshalb ist ihre schnörkellose Diagnose, die freie Meinungsbildung in der deutschen Gesellschaft sei einem besorgniserregend aggressiven „Mediokratie“-Befall ausgesetzt, ein essayistisches Ereignis. Welzer wurde ja schon über den Mund gefahren, als er sich mit dem Zensuren vergebenden ukrainischen Botschafter und Bandera-Verehrer Melnyk anlegte, und Precht wurde abgewatscht, als er mit zahlreichen deutschen Intellektuellen einen Brief unterzeichnete, der angesichts zügelloser Waffenlieferungen an Kiew zur Besinnung aufrief. Solche Widerworte stören den bellizistischen Konsens, mit dem die „eingebetteten Berichterstatter“ an der Kriegs- und Heimatfront den erdrückenden Großteil der deutschen Medienlandschaft füttern.
Medien in Uniform verschließen sich, weil sie Partei geworden sind, sorgfältiger Recherche und haben sich als Lautsprecher eben nur einer Seite der journalistischen Aufgabe entledigt, alle Fakten vor der Gesellschaft so unvoreingenommen auszubreiten, dass sich in ihr Urteile ohne Gehirnwäsche bilden können. Natürlich gibt es glückliche Ausnahmen vom khakifarbenen Einheitsbrei. Eine linke Presse, die über die Tragik des Krieges in der Ukraine nicht die Süffisanz vergisst, mit der der Westen den „Vorkrieg“ inszenierte. Oder bei den Öffentlich-Rechtlichen „Die Anstalt“, die heute reichlich einsam für Qualitätsjournalismus steht, Verwerfungen in der Gesellschaft auf den Grund geht und jüngst Wirtschaftsminister Habeck sowie den Zuschauern die lukrativen Verstrickungen der am deutschen Markt operierenden Energiemultis erläuterte. Wir erleben derartige Ermutigungen selten. Vielmehr schnüren uns die Abend-Shows der Meinungsfactories á la Lanz-Will-Maischberger-Illner-Plasberg vor Wut die Luft ab. Das manipulative Sendeziel ist von Anfang an zu durchschauen. Aus einem kleinen, zuverlässigen Kader hat die Moderation (im feigen Verhältnis von 4:1) ihre Propagandisten platziert, die den armen Träger der gegenteiligen Meinung verhauen müssen. Sobald der sich mit vernünftigen Argumenten wehrt, schneidet ihm die Moderation das Wort ab. Das ist kein Journalismus.
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