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Fehleinschätzungen – Wir müssen uns ehrlich machen

#1 von Sirius , 04.11.2022 15:48

Fehleinschätzungen – Wir müssen uns ehrlich machen

Russland ist schuld an unserem Gasmangel, an den steigenden Preisen und an der hohen Inflation. So steht es in den Zeitungen, so hört man es in den Nachrichten und so behaupten es Moderatoren vom Schlage eines Markus Lanz, einer Maybrit Illner und einer Sandra Maischberger. Natürlich stimmt das so nicht. Aber die ständige Wiederholung falscher Behauptungen prägt das öffentliche Bewusstsein. Das zeigt sich daran, dass die meisten geladenen Talkshow-Gäste solche Behauptungen als selbstverständlich hinnehmen. Wenn ein tollkühner Studiogast versucht, zu differenzieren oder gar zu widersprechen, dann wird er rigoros unterbrochen, überschrien oder mit einem Stakkato weiterer Fragen an der geordneten Darlegung seiner Gedanken gehindert. Von Peter Vonnahme.

Ein Paradebeispiel dieser perfiden Methode ist die rhetorische Vergewaltigung der Politikwissenschaftlerin Prof. Ulrike Guérot in der Lanz-Talkshow vom 2. 6. 2022 (etwa ab Min. 16) zum Thema Waffenlieferungen. Was immer Guérot sagte, es wurde von dem russophoben Dreigestirn Markus Lanz als ungesitteter Gastgeber, Marie-Agnes Strack-Zimmermann als bellizistisches Sturmgeschütz und Frederik Pleitgen als US-getrimmter Kriegsreporter in Bruchstücke zerhackt. Die einzig richtige Denkart stand von Anfang an fest: Wir, der Westen, sind die Guten, Russland ist böse, Putin erst recht, Waffen sind notwendig, Verhandeln sinnlos.
In einem solchen Klima haben Abwägen, Wahrheitssuche und Deeskalation keine Chance. Umso mehr gedeihen Zerrbilder und Lügen. Die vorgestanzte Meinung, Russland sei an allem Elend der Gegenwart allein schuld, hat nach einem halben Jahr medialer Verkürzungen und betonharter Indoktrination leichtes Spiel. Die Vorstellung, dass Energielücken, Preisanstieg und Zahlungsprobleme andere Ursachen haben könnten, kommt im Mainstream der Zeitungen und TV-Anstalten praktisch nicht vor. Wir haben uns an Vereinfachungen und Lügen gewöhnt. Der Frieden ist in weite Fernen entrückt.

Russland hat mit dem Einmarsch in die Ukraine das Völkerrecht gebrochen. Das bedeutet aber nicht, dass dieser Krieg die Probleme geschaffen hat, die Deutschland heute schwer bedrängen: Gasmangel, unbezahlbare Energiepreise, kalte Stuben für Arme, Firmenpleiten, Inflation. Das sind keine unmittelbaren Kriegsfolgen, sondern Folgen der von Deutschland verhängten Sanktionen gegen Russland. Ohne sie bestünden die Probleme nicht.
Erinnern wir uns: Nicht Russland hat die Gaslieferungen nach Deutschland eingestellt, sondern Deutschland erklärte nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, kein Gas mehr von Russland beziehen zu wollen, um nicht Putins Kriegskasse zu füllen. Die deutsche Außenministerin Baerbock feierte das EU-Sanktionspaket schmallippig mit dem unüberlegtesten Spruch des Jahres: „Das wird Russland ruinieren“. Danach erinnerte Putin daran, dass er das Gas für Deutschland auch abstellen könne.
Das waren ungewohnte Töne aus Moskau. Denn Russland wurde über Jahrzehnte dafür geschätzt, dass es Energie sowohl billig als auch zuverlässig liefert. Und alle waren zufrieden, Politik, Wirtschaft, Verbraucher.

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Sirius
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