Eine Reise in die Abgründe der Welt
In ihrem Roman „Hier sind Löwen“ führt die Schriftstellerin und Schauspielerin Katerina Poladjan in ein fernes Land, das im tiefsten Inneren ihrer Hauptperson selbst verborgen liegt.
Manche wissen, wohin ihr Weg sie führt, und dem folgen sie ein Leben lang. Anderen ist es aufgetragen, für immer Suchende zu sein. Als Restauratorin weiß Helene (mitunter Helen) Mazavian alles über alte Bücher: „Ich rieche Erde, Ei und Pilz, Holzstaub und altes Tier.“ Im Zentralarchiv für armenische Handschriften in Jerewan darf sie an einem kostbaren Evangeliar ihre Kunstfertigkeit verfeinern. Zugleich ist der Studienaufenthalt, der den Handlungsrahmen für Katerina Poladjans Roman „Hier sind Löwen“ absteckt, aber auch eine Reise zu ihren Wurzeln, von denen sie so viel gehört hat, dass sie nichts davon weiß.
Helene ist nämlich „mit Fotos ermordeter armenischer Kinder aufgewachsen“, aber die überbordende Mutter hat zu einer Abwendung geführt. Auch das Familienfoto, das ihr die Mutter vor der Abreise aus Berlin zum Studienaufenthalt mitgibt, steckt sie achtlos ein. Armenien ist trotz allem für sie ein fremdes Land – ein Land, wo, wie die Römer auf die weißen Flecken ihrer Landkarten schrieben, Löwen sind: „Hic sunt leones“.
In diesem Land, in dem man sich „mehr Sorgen um die Vergangenheit als um die Zukunft macht“, kümmert sich Helene erst einmal um die Gegenwart. Sie arbeitet sorgfältig an alten Handschriften und beginnt nachlässig eine Affäre mit dem geheimnisvollen Levon, einem armenischen Militär, dessen Name ebenfalls Löwe bedeutet. Er taucht ebenso unvermittelt auf wie er verschwindet. Mit seiner Familie und seiner jungen Tochter hat sie bald eine innigere Beziehung als mit ihm.
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