Letzte Meldung
X

An alle neu registrierten Benutzer!

Wir achten hier auf den Datenschutz. Insbesondere auf die Privatsphäre unserer Mitglieder. Wer sich nur anmeldet, um am "Küchentisch" mitzulesen oder nur Mitgliederlisten einsehen will, wer nur Spam posten möchte und nicht auf meine PNs reagiert, den lösche ich wieder.

Vom Wind verweht

#1 von Sirius , 24.02.2020 18:02

Das Handwerk des Verräters

Margaret Mitchells "Vom Wind verweht" liegt in neuer Übersetzung vor - sie ist unverschnörkelt, aber politisch korrekt.
Das "e" ist vom Winde verweht: "Vom Wind verweht" heißt die Neuübersetzung von Margaret Mitchells Südstaaten-Wälzer. Versmaß-Fetischisten können anmerken: Jambus statt auftaktigem Daktylus. Das nimmt viel von der alten Feierlichkeit, vom Bedeutungsschwang und -überschwang.

Andreas Nohl und Liat Himmelheber haben die Neuübersetzung besorgt. Zum ersten Mal kann man den kompletten Text auf Deutsch lesen. Braucht man ihn? Martin Beheim-Schwarzbach hatte manch eine Passage ausgelassen. Der deutsche Schriftsteller und Übersetzer, wie die Autorin 1900 geboren, brachte seine Übertragung 1937 heraus. Sie blieb bis jetzt die einzig verfügbare.
Ob es der Neuübersetzung wirklich bedurft hat - das freilich steht auf einem anderen Blatt.
Vielleicht ist die Frage grundsätzlicher zu stellen: Wann ist eine neue Übersetzung notwendig?
Prinzipiell sichert die Übersetzung einen großen Vorteil: Im Gegensatz zum Original folgt sie dem Sprachgebrauch der Zeit. Während beispielsweise Briten und Amerikaner zunehmend Probleme haben, Shakespeares barocksprachiges Original zu verstehen, hat das deutschsprachige Publikum dank der Übersetzungen von Erich Fried oder Frank Günther weit weniger Probleme. Unsereiner würde sich dafür mit Gryphius’ Dramen schwertun, würden denn Gryphius’ Dramen gespielt.

Traditore - traduttore: Das Wortspiel ist viel gebraucht, möglicherweise abgebraucht. Dennoch hat es etwas für sich: Verräter - Übersetzer. Der Übersetzer als Verräter eines andernfalls geheim gebliebenen Wissens. Martin Luther hat den Wortlaut der Bibel an alle verraten, die des Hebräischen und Griechischen nicht mächtig waren, ganz so, wie Johann Heinrich Voß übersetzend die Epen Homers verraten hat und Christoph Martin Wieland die Dramen Shakespeares. Allem Verrat wohnt der Zauber inne, das Geheime zu offenbaren.

Weiterlesen:

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten...Verraeters.html


Reset the World!

 
Sirius
Beiträge: 26.243
Registriert am: 02.11.2015


   

Das Gewicht der Worte
Ein Dichter, dem auf Erden nicht zu helfen war

  • Ähnliche Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
Xobor Ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz