Stark neben der Spur
Nicole Flatterys düster-witzige Erzählungen über das Seelenleben junger Frauen.
Eine Rezension von Harald Jähner
In der letzten der acht Erzählungen taucht sogar das Virus auf. Ein Erreger, weit schlimmer als Covid-19. In der Kneipe, in der sich Angela mit unbekannten Männern aus einem Dating-Portal trifft, nimmt die Anzahl der Kellner von Mal zu Mal ab: Einer nach dem anderen wird von einer mysteriösen Krankheit dahingerafft. Noch nicht das Ende heißt die Geschichte, und der Titel stimmt insofern, als die Lehrerin Angela stoisch immer wieder neue Verabredungen trifft. Zu ihren Dates geht sie inzwischen "mit der gleichen sterilen Aufregung, mit der man einen Zahnarzttermin vereinbart". Entsprechend freudlos verlaufen die Treffen, aber ganz ohne sind sie eben auch nicht. Währenddessen geht die Welt unter, woran sich alle Beteiligten offenbar gewöhnt haben. Fast schon beiläufig erzählt Angela ihrem Date – die Männer heißen tatsächlich immer nur "ihr Date" –, dass sie heute an die Schultafel habe schreiben müssen: "China: ausgelöscht". Dann geht sie in einen Autohandel, um noch einmal den Geruch eines Neuwagens einzuatmen.
Nun gehört das Apokalyptische glücklicherweise zu den Randphänomenen dieses erstaunlichen Buches. Zeig ihnen, wie man Spaß hat ist auf Englisch schon vor etwas mehr als einem Jahr erschienen, als noch niemand ahnte, welches Unheil da auf uns zukommt. Es wäre also alles purer Zufall, wenn man nicht doch daran glauben könnte, es hänge irgendwie mit dem gleißend hellen Verstand der dreißigjährigen Irin Nicole Flattery zusammen, dass die Covid-19-Attacke ein Jahr vor ihrem Ausbruch einen visionären Niederschlag in diesem Buch gefunden hat.
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https://www.zeit.de/2020/17/nicole-flatt...-spass-hat-buch
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