Birgit Birnbacher: „Ich an meiner Seite“ – Arthurs Defensivverhalten
Birgit Birnbachers Roman „Ich an meiner Seite“ erzählt menschenfreundlich, aber nicht lieb von einer Resozialisation.
Der Titel von Birgit Birnbachers Roman „Ich an meiner Seite“ beschreibt zwar wie von ungefähr perfekt die Situation einer hochaktuellen sozialen Distanzierung. Es geht aber um einen jungen Mann, der im Jahre 2010 im Alter von 22 aus der Haft entlassen wird. Das Leben liegt insofern vor ihm, aber es wird nicht leicht sein, wieder hineinzukommen. Betreut wird er in einer WG von Weitermachen e. V., wo man sich ausschließlich um Menschen kümmert, die erstmals straffällig geworden sind. „Haftentlassenenelite, denkt Arthur, so etwas gibt es auch.“
Denn Arthur ist ein aufmerksamer Beobachter, nicht humorlos, obwohl er nicht in der Stimmung ist, Witze zu machen. Er ist auch ziemlich schüchtern. „Arthur ist ein Kind, das man gar nicht spürt“, haben die Leute früher zu seiner Mutter gesagt, die mit ihm, dem älteren Bruder und ihrem neuen Mann von Österreich nach Spanien ausgewandert ist. Arthur hat sich zurechtgefunden im fremden Land, in der fremden Sprache, er hatte auch keine Wahl.
Die Salzburger Autorin Birnbacher, Jahrgang 1985 und damit drei Jahre älter als Arthur, hat mit dem Text „Der Schrank“ 2019 den Ingeborg-Bachmann-Preis beim Wettlesen in Klagenfurt gewonnen. „Ich an meiner Seite“ wirkt wie unterirdisch damit verbunden, eine andere Geschichte, aber auch hier wird um eine eher defensive, intelligente, antiheldische Figur herum ein Mikrokosmos des höchst gegenwärtigen Lebens entworfen. Die Situation wirkt offen, ihre mögliche Allgemeingültigkeit tritt aber zurück hinter äußerst konkreten, individuellen Vorgängen. Und auch in „Ich an meiner Seite“ macht Birnbacher es sich zunutze, dass sie Soziologin ist.
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https://www.fr.de/kultur/literatur/birgi...n-13733571.html
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