Tod im Göttinger Ghetto
700 Menschen in marodem Wohnkomplex unter Quarantäne. Polizei riegelt Hochhaus ab, währenddessen stirbt ein Bewohner
Im südniedersächsischen Göttingen stehen kaum Hochhäuser. Doch die Universitätsstadt mit ihren 120.000 Einwohnern hält eine Art Rekord: Gleich zwei derartige Wohnkomplexe wurden innerhalb eines Monats wegen Ausbrüchen des SARS-CoV-2-Virus unter Quarantäne gestellt. Im Mai hatte es das »Iduna-Zentrum« getroffen, jetzt ist es ein Gebäude auf der Groner Landstraße: Seit Donnerstag dürfen die rund 700 Bewohner die marode Anlage nicht mehr verlassen. Am Sonnabend kam es überdies zu einem Todesfall im Haus, wie die Basisdemokratische Linke Göttingen am Sonntag abend mitteilte. Laut Auskunft von Bewohnern habe eine Frau hinter dem um das Gebäude herum installierten Absperrzaun um Hilfe für ihren Lebensgefährten gerufen, da dieser unter Atemnot gelitten habe. Rettungskräfte seien erst eine Stunde später eingetroffen, zu diesem Zeitpunkt habe der Mann keine Lebenszeichen mehr gezeigt. Am selben Tag kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Hausbewohnern und der Polizei sowie Demonstranten, die sich mit den Anwohnern solidarisierten.
Am Montag räumte die Stadt Göttingen gegenüber junge Welt ein, dass »in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag« ein Mann des Geburtsjahrgangs 1977 im Gebäude verstorben sei. »Der Tod der vorerkrankten Person steht in keinerlei Zusammenhang zum örtlichen Infektionsgeschehen«, so ein Sprecher. Der Rettungsdienst sei »unverzüglich nach Alarmierung« vor Ort gewesen, »Wiederbelebungsversuche waren jedoch vergeblich«.
Die Situation der im Gebäude lebenden Menschen ist prekär, viele sind Migranten, des Deutschen oft nicht mächtig. Die Wohnungen sind nur 19 bis 39 Quadratmeter groß – hier leben Familien mit bis zu vier Kindern. Lediglich zwei Waschmaschinen sollen zur allgemeinen Verfügung stehen. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln wird von den »Tafeln« organisiert, zu Beginn der Quarantäne mangelte es an vielem, darunter auch Babynahrung. Erkrankte wohnen mit negativ Getesteten auf engstem Raum, einzelne kampieren in den Fluren. Die Medizinstudentin Setare Torkieh, die bei den Massentests im Haus mitarbeitet, berichtete am Montag gegenüber jW von schwierigen Bedingungen: Viele Menschen hätten einen schlechten allgemeinen Gesundheitszustand, unabhängig von Corona würden Infektionskrankheiten grassieren.
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https://www.jungewelt.de/artikel/380740....ger-ghetto.html
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