Als wir Schmetterlinge waren
Abubakar Adam Ibrahims erzählt in seinem preisgekrönten Debüt „Wo wir stolpern und wo wir fallen“ von einer unerhörten Liebe in Abuja, der Hauptstadt Nigerias.
KATRIN HILLGRUBER
Mit dem Gruß „Subhannallahi – Ehre sei Gott!“ betritt Hajiya Binta Zubairu, genannt Binta, wie jeden Morgen ihren schattigen Hof. Die strenggläubige Mittfünfzigerin kommt gerade von einem religiösen Lesekreis zurück. Sie lebt am Rande von Nigerias 18-Millionen-Hauptstadt Abuja. Binta wundert sich, dass die Haustür angelehnt ist. Sie schreibt das ihrer nachlässigen, fernsehsüchtigen Nichte zu, die bei ihr wohnt und in jeder freien Minute die Schmonzetten von „Africa Magic“ guckt.
Einen Moment später packt ein kräftiger Mann Binta von hinten und hält ihr ein Messer an den Hals. Die Spitze ritzt ihr die Haut auf, ein Tropfen Blut fließt. Zu ihrer eigenen Überraschung fängt die Überfallene an, die Situation zu genießen: „Er umschlang sie fester, sein Arm zerquetschte beinahe ihre Brüste. Selbst in diesem umnebelten Schockzustand wurde ihr schlagartig klar, dass ihr seit dem Tod ihres Gatten vor zehn Jahren kein Mann so nahegekommen war.“
Was als Einbruch beginnt, entwickelt sich zu einer unerhörten Liebe. Bintas Leben öffnet sich wie eine Knospe, formuliert es Abubakar Adam Ibrahim. Damit stellt er die klassische Novellensituation auf den Kopf, in der sich die aus der Not Gerettete in ihren Retter verliebt.
Hier verhält es sich umgekehrt: Reza, der 26-jährige Schulabbrecher, Drogendealer und Gelegenheitsdieb, und die 55-jährige verwitwete Lehrerin Binta verlieben sich ineinander und genießen ihren heimlichen Sex. „Season of Crimson Flowers“, Saison der purpurroten Blumen, heißt der Roman im Original. „To blush crimson“ bedeutet im Englischen „knallrot werden“.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/wo-wi...n/25960066.html
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