Die verlorene Unschuld der Hippie-Ära
In „Jenseits der Erwartungen“ , seinem neuen Wurf, zeichnet Richard Russo das Porträt einer Generation und die verschlungenen Pfade dreier Freunde seit ihren Collegetagen.
„Kein Abschied. Ich hätte es nicht ertragen können.“ Jacy hinterlässt nur eine lakonische Notiz, ehe sie sich nach dem frühsommerlichen Partywochenende zum College-Abschluss 1971 frühmorgens in Richtung Fähre davonstiehlt, um vermeintlich für immer aus dem Leben der drei Freunde zu verschwinden – wie vom Erdboden verschluckt, verschollen und tot geglaubt. Das freimütige Hippie-Girl, ein Kind ihrer Zeit und Kritikerin des Vietnamkriegs, war in schwerer seelischer Katerstimmung vor der Hochzeit mit ihrem spießigen Verlobten, die sie platzen lassen wollte.
Brach sie in ein neues Leben auf? Wurde sie gar ermordet? Jahrzehntelang zermarterten sich ihre Collegefreunde, hoffnungslos in sie verliebt, mit derlei Fragen. „Einer für alle, alle für einen“: Der Musketierschwur hatte sie zusammengeschweißt, bevor sie in alle Richtungen davonstoben.
44 Jahre später, im Spätsommer 2015, als sich ein republikanischer Präsidentschaftskandidat namens Donald Trump anschickt, die Nation aus den Angeln zu heben, kehren sie in die Ferienvilla auf Martha's Vineyard zurück, wo das Mysterium über ihnen schwebt wie eine dunkle Wolke, die sich im Lauf des Wochenendes entladen wird. Es ist die Urlaubsinsel der Präsidenten, Prominenten und Hollywood-Moguln, wo Teddy Kennedy 1969 in Chappaquiddick einen fatalen Autounfall verursachte, der einer Sekretärin das Leben kostete – und ihn die Chancen auf die Präsidentschaft.
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