Hör sie lachen
In Monika Marons neuem Roman "Artur Lanz" geht es um altes Heldentum, und mal wieder um angebliche neue Denkverbote. Das härteste Tabu erlegt sich ihre Hauptfigur aber selber auf.
Dieses Buch hat zwei implizite Leser, die sich nicht leiden können. Dass literarische Texte ihre idealtypischen Leser mit entwerfen, hat die Erzähltheorie schlau festgestellt: Leser für die eine bestimmte Sprachebene und rhetorische Tricks gedacht sind, denen man manche Aspekte einer Geschichte erklären muss, während anderes sich von selbst versteht. "Artur Lanz", der neue Roman von Monika Maron, rechnet mit mindestens zwei verschiedenen Leserfiguren: Die eine empört sich. Über die Frage der Erzählung "was mit den Männern unserer Hemisphäre geschehen war, dass man sie sich als Helden nicht einmal mehr vorstellen konnte", oder über blöde Sprüche wie: "Sie befürchtete, dass manche Männer nur schwul geworden seien, weil sie sich nur noch bei Männern wie Männer fühlen durften." Die andere lacht verschwörerisch mit der Erzählerin über die Empörung der ersten.
Für den ersten Typus ist "Artur Lanz" kein Roman, sondern eine Falle. Der Plot des Buches ist nämlich umständlich aufgebaut, um zu zeigen, was Monika Maron auch in Interviews und Zeitungsartikeln sagt: Dass in der deutschen Gesellschaft heute bestimmte Meinungen und Charaktere durch eine gezielte Empörungsbereitschaft zum Schweigen gebracht werden sollen. Dieses Argument wird in letzter Zeit nicht nur von ihr häufig bemüht, im Zusammenhang mit dem Begriff "Cancel Culture" etwa. Was da dran ist, kann man nur schwer herausfinden, weil die Vorstellung selbst keiner Überprüfung zugänglich ist. Von Einwänden oder Gegenintuitionen fühlt sie sich immer nur bestätigt: Man soll wohl dazu gebracht werden, umzudenken, man darf also nicht mehr denken und sagen, was man will. "Ach, du lieber Gott!", lässt Monika Maron eine Nebenfigur, eine Stellvertreterin der empörten Leserin in der Handlung, zu dem Heldenthema ausrufen. Eine andere meint: "Wenn schon, dann Heldinnen". Die Erzählerin sieht sich bestärkt: "Wir hatten kein Bild mehr von einem Helden, schon das Wort war verdorben". Und Monika Maron schmückt diesen ganzen Roman mit dem angeblich unmöglichen, eigentlich aber doch reichlich ausgelutschten Heldenmotiv aus.
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https://www.sueddeutsche.de/kultur/monik...-lanz-1.4996142
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