"Die verhedderten Fäden des Lebens entwirren
Jean soll für eine Agentur Informationen über eine gewisse Noëlle Lefebvre beschaffen. Viel findet er nicht heraus, aber noch Jahre später lässt ihn diese rätselhafte Person nicht los. Wieder einmal begibt sich Literaturnobelpreisträger Patrick Modiano auf Erinnerungs- und Spurensuche.
Er schreibe immer schon „un peu le même livre“ hat Patrick Modiano einmal eingeräumt, ein bisschen das gleiche Buch. Und der jetzt auf Deutsch vorliegende Roman „Unsichtbare Tinte“ ähnelt Modianos früheren Büchern in der Tat stark. Der Ich-Erzähler heißt Jean, wie in vielen Texten Modianos.
Jean geht wie so oft auf die Suche nach den Spuren einer Person. Und wie immer gibt es einen Anlass für den Erinnerungsprozess. Häufig sind dies in Modianos Romanen Fotos, in diesem Fall eine Karteikarte in einer himmelblauen Mappe. Jean erhielt sie, als er selbst Anfang 20 war, in der „Agentur von Hutte“ – das war offenbar eine Detektei, in der Jean eine Zeitlang arbeitete. Monsieur Hutte beauftragte Jean, nach Spuren einer gewissen Noëlle Lefebvre zu suchen. Jean, das Alter Ego Patrick Modianos, fand kaum etwas heraus. Wenig später beendete er seine Tätigkeit, nahm aber das Karteiblatt aus der Mappe mit. „Zur Erinnerung“, wie er schreibt, wohl aber auch aus einem spontanen Impuls heraus, der auf den späteren Schriftsteller verweist:
„Ich hatte schon immer Spaß daran, mich ins Leben anderer einzuschleichen, aus Neugier und auch aus dem Bedürfnis heraus, sie besser zu verstehen und die verhedderten Fäden ihres Lebens zu entwirren – wozu sie selbst oft nicht imstande waren, denn sie erlebten ihr Leben aus allzu großer Nähe, ich dagegen hatte den Vorteil, bloß ein Beobachter zu sein oder vielmehr ein Zeuge, würde man in Juristensprache sagen.“..."
https://www.deutschlandfunk.de/patrick-m...ticle_id=492707
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