Salih Jamal: Das perfekte Grau
In seinem neuen Roman lässt Salih Jamal vier verletzte Charaktere zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammenwachsen
Salih Jamal beschreibt das Leben in all seinen Facetten. Mal zärtlich-liebevoll, mal nüchtern-realistisch und mal heftig-brutal. Das Leben hat es mit seinen Protagonisten Novelle, Mimi, Rofu und Ante, der von allen jedoch Dante genannt wird, meistens nicht wirklich gut gemeint. So lässt sich der 1966 geborene und in Düsseldorf lebende Autor diverse Passagen einfallen, die den Schmerz und die Zweifel seiner Figuren minimieren und die Leser zutiefst berühren. Die vier treffen sich in einem relativ heruntergekommenen Hotel an einem schon bessere Tage gesehenen Ort am Meer.
Dante, aus dessen Perspektive Jamal die Geschichte erzählt, hat einst sein gutsituiertes Leben aufgegeben, konnte sich dann nicht zwischen zwei Frauen entscheiden, hinterließ viel verbrannte Erde und fand sich kurz vor einem Suizidversuch wieder. Er befindet sich auf der Flucht vor sich selbst, während Rofu die lebensgefährliche Flucht aus dem Sudan antrat, um ein besseres Leben in Deutschland zu finden. Die sich mondän gebende Britin Mimi wiederum musste fliehen, weil sie ihren zu Gewalt neigenden Mann vergiftet hat, und die junge Novelle verließ Altötting, um den Klauen ihres sie vergewaltigenden Vaters zu entkommen. Als Mimi in zwei Gästen vermeintliche sie suchende Polizistin erkannt haben will, beginnt für sie die nächste Flucht, diesmal in Begleitung von Novelle, Rofu und Dante.
Was sich im Hotel bereits anbahnte, wächst auf der Reise mit einem geklauten Boot ins Landesinnere zu einer befreundeten, fast verschworenen Schicksalsgemeinschaft zusammen. Mit der zerschundenen Seele und zu irrsinnigen Ausbrüchen neigende, Mitleid und Abstoßung evozierende Novelle als labiler Schwachpunkt des Quartetts. Für Novelle organisieren die drei Mitstreiter sogar ein von ihr sehnlichst gewünschtes, behagliches und schönes Weihnachtsfest, das Salih Jamal die Möglichkeit bietet, eine seiner bewegendsten Romanabschnitte zu schreiben. Auf dieser Odyssee, die für die Beteiligten die eine oder andere Überraschung bereithält, stellen sich Jamals Helden ihren Dämonen. Dante, der während der Reise Philippe Djians Roman „Betty Blues“ liest, schmeißt als erzählende Person mit geschliffenen lebensphilosophischen Sätzen nur so um sich. Manchmal des Guten etwas zu viel und manchmal überschreitet er in seinen ausformulierten Gedanken den schmalen Grat zwischen Recht und Gerechtigkeit. Aber eine aus dem Kontext heraus nachvollziehbare und verständliche Ambivalenz.
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