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Die Unschuldigen

#1 von Sirius , 08.03.2021 17:07

Was bleibt ihnen anderes übrig

Michael Crummeys Roman „Die Unschuldigen“ erzählt von Hänsel und Gretel an Neufundlands rauer Küste.
In jenem Winter waren sie noch Kinder. Vor dem ersten Schneefall verloren sie die kleine Schwester.“ So beginnt Michael Crummeys Roman über ein Geschwisterpaar, nicht Hänsel und Gretel im tiefen Wald, sondern Ada und Evered an der lebensfeindlichen Küste Neufundlands. Keine zwei Seiten weiter sind auch die Mutter – sie „hustete Blut in die vorgehaltenen Hände“ – und der Vater tot. Eine Woche lang tun die Kinder so, als schliefe er bloß. Dann zerrt der elfjährige Evered den Leichnam ins Boot und versucht, ihn genau dort im Meer zu versenken, wo er gesehen hat, dass sein Vater die tote Mutter versenkte. Als er wieder ans Ufer kommt, „bewegte er weiter die Ruder im Wasser wie ein geköpftes Huhn, das um den Hackklotz rennt“.
Der 1965 in Buchans, Neufundland, geborene Michael Crummey kommt in „Die Unschuldigen“ schnell zum Kern, der auch eine Art Versuchsanordnung ist, spart andererseits im Folgenden nicht mit detaillierten, bestürzenden Schilderungen eines trostlosen Lebens nach dem Diktat der Jahreszeiten.

Es ist Anfang des 19. Jahrhunderts an einem der einsamsten Punkte der Welt. Ada und Evered kennen nur die Hebamme, die der Vater in einem Ort namens Mockbeggar geholt hat, wenn es nötig wurde, und die ihnen unheimlich war. Und von fern die „Hope“, die zweimal im Jahr in ihrer Nähe ankerte, zu der ihr Vater also zweimal im Jahr ruderte, um Wintervorräte zu kaufen und im Gegenzug seinen Fang, getrockneten Kabeljau, abzuliefern. Einen „Beadle“ (dt. Büttel) soll es dort geben, hat er erzählt, der die Bücher führt. Als zum ersten Mal Evered zur Hope hinausrudert – denn was bleibt den Kindern anderes übrig, wenn sie nicht gleich verhungern wollen? – begreift er, dass sein Vater Schulden hatte. Dass sie diese wohl nie werden tilgen können. Und doch kann er nur sein Kreuz druntersetzen wie ein Amen.

Crummeys historischen, in keinem Augenblick nostalgischen Roman – denn wer würde mit Ada und Evered tauschen wollen? – hat die Tatsache hier an Land gespült, dass Kanada in diesem Jahr ein halbes Gastland der Buchmesse ist (die Live-Termine sollen 2021 folgen). „Die Unschuldigen“ widmet sich von der ersten bis zur letzten Zeile den Schrecken eines Lebens, das nur die schwere körperliche Arbeit kennt, das den Gefahren des Meeres und des Wetters ausgeliefert ist.

Weiterlesen:

https://www.fr.de/kultur/literatur/micha...g-90039004.html


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Sirius
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