Ein inszenierter Aufstand
Wie Rechtsextreme versuchen, die Anti-Corona-Proteste für ihre Zwecke zu instrumentalisieren
Die Website, seit 2. Januar online, wirkt betont schlicht. Nur eine Deutschlandkarte ist zu sehen, mit roten Punkten. In der Beschreibung heißt es, die Punkte zeigten Spaziergänge und Kundgebungen von Gegnern der "kommenden Impfpflicht".
Nur einen Tag nach Veröffentlichung sollen "mehrere Hundert Einträge" auf der Karte verzeichnet gewesen sein, heißt es in einem Werbevideo. Inzwischen seien schon 1.500 Termine registriert, gaben die Macher kurz vor Redaktionsschluss an. Da die Medien die angeblichen Bürgerdemos ignorierten, wolle man Aufmerksamkeit für die Proteste schaffen. Kritische Kreative hätten die Protestkarte als Kunstprojekt ins Internet gestellt. Doch hinter dem verantwortlichen Verein Filmkunstkollektiv e. V. stecken Rechtsextreme.
Recherchen der ZEIT zeigen: Der vermeintlich spontane "Volksaufstand" gegen eine angebliche "Corona-Diktatur" entpuppt sich mancherorts als teilweise von Rechtsextremen professionell organisiert und inszeniert. Sie wollen eine bundesweite Bewegung aufbauen, die vorgibt, sich aus der Wut auf der Straße zu speisen. In Wahrheit betreiben sie jedoch einigen Aufwand, um diese Wut erst zu entfachen und dann für die eigene Agenda zu nutzen.
Die Methode ist bekannt, aus der Zeit der sogenannten "Flüchtlingskrise". Schon 2015 versuchten teilweise dieselben Personen, die Ankunft Hunderttausender Geflüchteter in Deutschland für ihre extreme neurechte Ideologie zu instrumentalisieren. Damals hatten die rechtsextremen Aktivisten aus dem Umfeld von Identitärer Bewegung, der rechten Kampagnen-Agentur "Ein Prozent" und dem Thinktank Institut für Staatspolitik (IfS) ebenfalls zuerst eine Deutschlandkarte zur Vernetzung islamfeindlicher Proteste ins Netz gestellt und später sogar die gesamte Pegida-Bewegung erfolgreich gekapert. Auch schon zuvor hatte die Neue Rechte versucht, die Stimmung im Land für sich zu nutzen. Das Konzept dahinter beschrieb der Szene-Stratege Götz Kubitschek vom IfS bereits 2013 in einem Blog-Eintrag: Man brauche einen polarisierenden Vorwand, "das Türöffner-Thema", notierte er damals, "und unsere Themen kommen hinterdrein gepoltert, wenn wir nur rasch und konsequent genug den Fuß in die Tür stellen". Nun also die Impfpflicht.
Weiterlesen:
https://www.zeit.de/2022/03/corona-prote...itaere-bewegung
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